: Aufregung über Demonstranten war tödlich
Ein herzkranker Passant starb am Rande einer Demonstration / Genauer Auslöser für die Erregung noch unklar ■ Aus Berlin Plutonia Plarre
Vermutlich durch Herzversagen starb in der Nähe eines Protestzugs von IWF-GegnerInnen am Dienstag nachmittag in der Weddinger Badstraße ein 59jähriger Passant. Das Amtsgericht hat gestern nachmittag eine Obduktion angeordnet. Nach Angaben der Polizei war der Mann von einer Passantin am Straßenrand aufgefunden worden, in der Nähe einer Bank, bei der kurz zuvor mehre Scheiben eingeworfen worden waren. Ein gegen 16.32Uhr eingetroffener Notarzt habe den Mann vergeblich zu reanimieren versucht, der Tod sei um 17Uhr festgetellt worden. Augenzeugen für den unmittelbaren Vorfall gibt es der Polizei zufolge bislang nicht. Der Mann war nach Angaben seiner Ehefrau herz- und zukkerkrank.
Nach Recherchen der taz gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß der Tod des Mannes in unmittelbarem Zusammenhang mit der Demonstration oder dem Verhalten der Demonstranten steht. So wußte die AL-Abgeordnete Brigitte Apel von Passanten, daß der Mann sich aufgeregt habe, als die Scheiben eingeworfen wurden. Dann sei er gegen ein parkendes Auto getorkelt und anschließend zusammenbrochen. Brigitte Apel war der rund 200 Köpfe zählenden Gruppe von IWF-Gegnern gefolgt und hatte die Scheiben der Bank klirren gehört. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich viele Passanten auf der Straße befunden. Daß einer von ihnen umgerannt worden war, schloß Apel jedoch aus. Der Mann sei vermutlich später, als der Zug schon vorbeigezogen war, zusammengebrochen. Die Scheiben der Bank wurden kurz nach 16Uhr eingeworfen, der Notarztwagen wurde von einem benachbarten Optiker um 16.20 Uhr gerufen - als die Demonstranten bereits an anderer Stelle eingekesselt wurden (s. Kasten).
Der Optiker hat den Mann zwar erst gesehen, als er zwischen zwei parkenden Autos lag und schon „ganz blau im Gesicht“ war. Für ihn war es eindeutig „Erregung“, die den Kollaps verursacht hat.
Unklar bleibt der Grund dieser Erregung. Eine Lebensmittelhändlerin hat von ihrer Kundschaft gehört, der Mann habe sich über ihm entgegenkommende „vermummte Demonstranten“ erschrocken. Dagegen versicherte Frau Apel, sie habe keinen einzigen Vermummten entdecken können. Die Polizei spricht dagegen von einer teils vermummten Gruppe und beruft sich allgemein auf „Zeugenaussagen“.
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