: Bedeutungslos
■ Friedensnobelpreis für Blauhelme
K O M M E N T A R
Mit dem Votum für die UNO-Blauhelmtruppe hat das Osloer Nobelkomitee gestern eine Entscheidung getroffen, die vor allem eine Reaktion provozieren dürfte: Desinteresse. Emotionslos wird die Welt zur Kenntnis nehmen, daß die UNO -Friedenstruppe nach Meinung der Osloer Schiedsrichter ihren Namen offenbar zu Recht führt. Na und? Unter den gegebenen Wahlmöglichkeiten war dies die Flucht in den Kompromiß der Bedeutungslosigkeit.
Interessant ist die Entscheidung deshalb nur unter dem Gesichtspunkt, wer den Preis nicht bekommen hat. Reagan, Gorbatschow: Laßt diesen Kelch an uns vorüber gehen! Die weltweiten Stoßgebete ob dieser Aussicht müssen gerade noch rechtzeitig bis Oslo vorgedrungen sein. Letztlich soll die Einsicht, daß eine solche Entscheidung eine direkte Unterstützung für Vize-Präsident Bush gewesen wäre, die Peinlichkeit gerade noch verhindert haben. Perez de Cuellar ist zum einen daran gescheitert, daß seine Kandidatur zu spät eingereicht wurde. Vor allem aber schien der Preis für den UNO-Chef verfrüht. Denn noch sind im Golfkrieg, in Angola und nicht zuletzt in Afghanistan die meisten Fragen noch offen. Kommt es in einer der drei Krisenregionen zu einem neuerlichen Blutbad, wäre das Nobelkomitee blamiert. Doch eigentlich hätte es die UNO doch sein sollen. Blieben die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Blauhelme. Doch mit der Auszeichnung für die AIDS-Arbeit der WHO hätte man sich potentiell ja auch noch zwischen die Stühle setzen können. Schließlich sind längst nicht alle UNO -Mitgliedsländer auf der WHO-Linie Aufklärung statt Repression. Bei den Blauhelmen sind dagegen alle Risiken ausgeschaltet, da sie ja sowieso nur die Prügelknaben sind.
Auf der Strecke blieb bei dieser Art Entscheidungsfindung der Mann, dessen Wahl allein ein Zeichen mit politischem Gewicht gewesen wäre. Mit dem Friedensnobelpreis für Nelson Mandela hätte das Komitee aus Oslo deutlich machen können, daß sich seit der Auszeichnung für Bischof Tutu am Kap immer noch nichts bewegt hat.
Jürgen Gottschlich
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