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„Geschädigte“ gegen Bausparkasse

■ Die „Bausparkasse Mainz“ vermittelte bodenlose Baufinazierungen / Immer mehr Verschuldung und Zinsen der HausbesitzerInnen / Verdener Gericht stellte „schuldhaftes Verhalten“ der Bausparkasse fest

Norbert K. verdient als Rohrlegermeister auf Montage mehr als 4.000 Mark netto im Monat. Ein Haus in Nienburg zu kaufen, das könne er sich leisten, meinte er, zumal ihm der freundlich Bezirksleiter der Mainzer Bausparkasse erklärte, daß er im Monat nicht mehr als 1.350 Mark an Zinsen und Tilgung dafür bezahlen müsse. 280.000 Mark kostete das Einfamilienhaus, Makler- und Notarkosten inclusive. Nur 14.000 Mark hatte Norbert K. angespart.

Das war 1980. Heute muß K. nicht 1.350 Mark im Monat, sondern mehr als das Doppelte zahlen. Dennoch wurde seine Schuldenlast nicht geringer, im Gegenteil: Statt 264.000 hat er heute 345.000 Mark Schulden auf dem Buckel. Und der Marktwert seines Hauses ist weit unter den damaligen Kaufpreis abgesackt: Er

liegt etwa bei 160.000 Mark, weil die Immobilienpreise in den letzten Jahren stark verfallen sind, besonders im armen Norden der Bundesrepublik.

Bausparkasse hat Schuld

Die Schuld für sein finanzielles Elend gibt Norbert K. der „Bausparkasse Mainz“ und ihrer Beratungspraxis. Daß er damit im Recht ist, bestätigte vor wenigen Tagen auch das Landgericht in Verden. Dort hatte die Bausparkasse gegen Norbert K. geklagt, weil er schon seit zwei Jahren seine Zinsen nicht mehr bezahlt hat. Er habe glaubhaft gemacht, daß die Bausparkasse ihn unzutreffende beraten habe, fand das Gericht. Dabei habe das Unternehmen „schuldhaft gehandelt“. Das Gericht hob die gegen Norbert K. eingeleitete Zwangsvollstreckung auf.

Hoffnungsvolle Bauherren kamen mit Hilfe der Mainzer Bausparkasse finanziell hoffnungslos ins Minus. Der „Verein für kreditgeschädigte und in finazielle Not geratene Menschen“ in Sulingen hat 250 Mitglieder, und ständig kommen neue hinzu, wie die Vorsitzende Christa Lobner sagt. Im Haus der Lobners, das selbst knapp an der Zwangsversteigerung vorbeikam, unterhält der Verein sein Büro mit einer ABM -Kraft und zwei ehrenamtlichen Geschäftsführern. Die Praktiken der Mainzer Bausparkasse habe die gramgebeugten HausbesitzerInnen bewogen, ihren Verein zu gründen, sagt Christa Lobner, aber ähnliche Tricks würden inzwischen auch von anderen Bausparkassen angewandt.

Und das geht so: Um ein Bauspardarlehen zu bekommen, braucht man bei der Mainzer

nicht mehr 40 Prozent der Bausparsumme anzusparen, wie das die Regel und auch im Gesetz vorgesehen ist.

Tricks der Geldmacher

Die 40 Prozent Einlage besorgt die Bauaparkasse selbst bei einer befreundeten Bank und vermittelt sie dem Bauherrn als „Auffüllungskredit“. Die übrigen 60 Prozent der Bausparsumme werden dann von der Bausparkasse ausgeschüttet, nicht jedoch der „Auffüllungskredit“. Der fließt sofort an die Bank zurück. Deshalb mußte Norbert K. Bausparverträge über mehr als 500.000 Mark abschließen, um die 265.000 Mark für sein Haus bezahlen zu können. Über diese Zusammenhänge wurden die BausparerInnen im unklaren gelassen, soweit es eben ging. Christa Lobner: „Scheibchenweise wur

den den Leuten immer neue Darlehensanträge untergejubelt.“ Unterschriften der Bauherren wurden von der Bausparkasse gefälscht oder gar in die Darlehensanträge hineinkopiert. „Zur schnelleren Bearbeitung“, wie der Anwalt der Mainzer Bausparkasse vor dem Amtsgericht Mainz die Praktiken seiner Klientin rechtfertigen wollte.

Mehr Kredite

gegen Schulden

Was den Bausparern aber nicht verborgen blieb: Die Summe ihrer monatlich zu zahlenden Zinsen stieg und stieg. An eine Tilgung der aufgenommenen Darlehen war noch gar nicht zu denken. Aber auch da wußte der freundliche Bezirksleiter Horst Müller von der Mainzer Bausparkasse Rat: Er vermittelte den überschuldeten Hausbesitzern neue Kredite von befreundeten Banken, aus denen sie dann ihre Zinsen bezahlten. Das Ergebnis: Schulden und Zinsen stiegen weiter an.

Der „Verein der Kreditgeschädigten“ weiß darüber schon lange Bescheid, doch Öffentlichkeit wurde ihm nicht zuteil. „Die Banken sind wichtige Werbekunden der Zeitungen, deswegen haben die an dem Thema kein Interesse“, erklärt dazu Christa Lobner. In der ARD-Wirtshaftssendung „Plus -Minus“ vom zwölften August durfte sie die Mainzer Bausparkasse nicht namentlich erwähnen. Das Unternehmen hatte gerichtlich interveniert. Gegen die Eilentscheidung vom August legte Christa Lobner jetzt Widerspruch beim Verdener Landgericht ein und setzte sich durch. Nun darf sie öffentlich behaupten, daß bei der Bausparkasse Mainz „sehr schlimme Zahlungsbedingungen vorlagen“.

mw

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