Ehepaar Güler ist wieder frei

■ Bremer Buchhändler Ahmed Güler weiter ohne jeden Außenkontakt in türkischer Polizeihaft / Delegation befürchtet lange Untersuchungshaft / Spendenaufruf

Während der Bremer Buchhändler Ahmed Güler weiterhin ohne jeden Außen-Kontakt im türkischen Knast sitzt, wurden seine Eltern, die mit ihm zusammen am 20. September in der Türkei verhaftet worden waren, gestern wieder freigelassen. Sie waren zuvor erstmals einem Richter vorgeführt worden. Dies war auch schon der Bremer Delegation angedeutet worden, die sich Ende der vergangenen Woche in Ankara für die Verhafteten eingesetzt hatte (Bericht auf Seite 4).

Im Fall von Ahmed Güler befürchten seine Bremer Freunde jedoch eine lange Haft. Ihm wird die Unterstützung der Flucht von 18 zum Tode verurteilten politischen Gefangenen vorgeworfen. Die Bremer Delegation hatte in Ankara erfahren, daß Ahmeds Name von sechs inzwischen wieder verhafteten Gefängnis-Aus

brechern genannt worden sein soll. „Es ist durch zahlreiche Zeugenaussagen und Untersuchungen, z.B. von Amnesty International, bekannt, daß in türkischer Polizeihaft Aussagen unter Folter erpreßt werden“, kommentierte Marieluise Beck-Oberdorf, grüne Bundestagsabgeordnete und Mitglied der Bremer Solidaritäts-Delegation, „Vorwürfe dieser Art dürfen vor Gericht keinerlei Bedeutung haben.“

Vor Ort hatten sich die Delegationsmitglieder jedoch davon überzeugen können, daß in der türkischen Scheindemokratie keineswegs mit der Beachtung solcher Grundsätze, wie sie in der auch von der Türkei unterzeichneten Menschenrechtskonvention festgelegt sind, zu rechnen ist. Im Gespräch mit dem stellvertretenden Polizeipräsidenten war

bereits der Trick angedeutet worden, mit dem die Festnahme ohne Außenkontakt, die nach türkischem Recht auf 15 Tage begrenzt ist, verlängert werden kann. Die Staatsanwaltschaft konstruiert einfach einen neuen Tatvorwurf und behält Ahmed Güler weitere 15 Tage in Polizeihaft - und damit womöglich unter Folter.

„Wenn Ahmed am Mittwoch, 15 Tage nach seiner Verhaftung, nicht dem Richter vorgeführt wird und Kontakt zu seinem Anwalt aufnehmen kann, wäre erneut scharfer Protest erforderlich“, meinte Beck-Oberdorf - und dies vor allem im Hinblick auf den Bonn-Besuch des türkischen Staatspräsidenten Evren in zwei Wochen. Allerdings befürchtete die grüne Abgeordnete schon gestern, daß die türkischen Behörden den Prozeß gegen Ahmed Güler womöglich lange her

auszögern werden, um zu dem Gefängnis-Ausbruch von Kirshehir einen spektakulären Sammelprozeß zu veranstalten.

Während gestern nachmittag die zurückgekehrte Delegation berichtete, saß bereits der Hochschullehrer Klaus Grenzdörffer im Flugzeug nach Ankara, um weiterhin vor Ort die internationale Aufmerksamkeit für die verhafteten Gülers zu demonstrieren. „Vor allem, wenn es zum Prozeß kommt, ist Öffentlichkeit unglaublich wichtig“, erklärte Beck-Oberdorf, „Voraussetzung dafür sind jetzt vor allem Spenden“. Geld wird nicht nur für die teuren Flüge der Delegationen, sondern vor allem auch für die Anwaltskosten in der Türkei benötigt. - Spendenkonto: Volksbank Bremen, Ali Sencan, BLZ 29190024, Konto Nr. 4835.600

Dirk Asendorpf