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Hochsicherheitskrankenhaus

 ■  Aus Regensburg Wolfgang Gast

Ein Teil der Patienten ist sauer. Als sie gestern vormittag hören, daß die Verlegung des derzeit prominentesten Patienten nach München vorbereitet wird, empören sie sich: „Den Großkopferten ist das Krankenhaus hier wohl nicht gut genug!“ Sauer sind sie auch, weil sich der ganze Betrieb dem Patienten Strauß unterordnen muß: „Die sollen das Krankenhaus nicht so schlecht machen.“

Die Ausstattung der Klinik entspricht allerdings dem „üblichen Standard“. Und die Kardiologie-Abteilung wurde erst vor drei Jahren mit neuem Gerät ausgerüstet. Franz -Josef Strauß selber hatte damals der Stadt in finanziell aussichtsloser Position die notwendigen Mittel verschafft, um das Klinikum zu retten. Die Stadt revanchierte sich mit einer Ehrenbürgerschaft für den Landesvater.

Ein Mitdreißiger, der kurz vor seiner Entlassung aus der chirurgischen Abteilung steht, hat in der Nacht von Samstag auf Sonntag, durch Hubschrauberlärm aufgeschreckt, die Einlieferung des Ministerpräsidenten verfolgt. Der Helikopter landete im Innenhof, zeitgleich fuhren einige blaue BMW-Limousinen vor. Aus ihnen stürzten zivile Sicherheitskräfte, die die Notaufnahme mit Maschinenpistolen sicherten. Immer mehr Sicherheitskräfte wurden zugezogen. Bereitschaftspolizisten aus Schwandorf wurden ebenso von ihrem Dienst am Baugelände der WAA abgezogen wie auch aus Nürnberg Mitglieder des Sondereinsatzkommandos „USK“ zum Schutz des Landesvaters herbeirasten. Der Aufenthaltsort des Todkranken wird an diesem Vormittag wie ein Staatsgeheimnis gehandelt, aber schon ein Gespräch mit anderen Patienten hilft weiter: Intensivstation, zweiter Stock, Frauenhaus, hinter der Glastüre, zwischen der St.Vinzenz-Kapelle und der Aussegnungshalle. Zutritt ist nicht gestattet, adrette Herren im dunkelblauen Nadelstreifenanzug wachen an den Türen. Auch die erste Riege der bayerischen Politiker - als erster war Innenstaatssekretär Gauweiler am Ort - hat keinen Zutritt. Noch am Samstag abend erklärten die Polizisten das Krankenhausgelände zur pressefreien Zone. Im Hof der „Barmherzigen“ stehen drei Polizeihubschrauber in Bereitschaft. Ein vierter, aus den Beständen der Bundeswehr, landet mit ohrenbetäubendem Lärm.

Jede Hubschrauberlandung wird ebenso wie jeglicher Autoverkehr von den anwesenden Journalisten aufmerksam verfolgt. Den Durchhalteparolen, mit denen der Zustand des Patienten wiederholt als stabil bezeichnet wird, mag vor Ort niemand so recht glauben.

Mißmutig blicken sie in Richtung Frauenhaus. „Wenn der Strauß nach München verlegt wird, dann doch nur, weil die nicht wollen, daß er hier stirbt. Bei einem wie uns gäb's keinen solchen Aufwand“, meint ein Passant, der in der Nähe wohnt. Regelmäßig schaut er vorbei und erkundigt sich bei Journalisten nach dem Wohlbefinden des Ministerpräsidenten. Direkt von der Arbeit ist ein anderer mit dem Auto vorgefahren. Sichtlich erschüttert fragt auch er, wie es Strauß geht. Als er weggefahren ist, unkt ein Patient: „Die tun ja alle scheinheilig.“ Ob denn alle vergessen hätten, daß Strauß noch am Samstag auf dem Oktoberfest in München gewesen ist. Sein Statement: „Den wird's beim Saufen derbröselt haben.“

Doch alle Überlegungen - der Patienten wie der Journalisten vor Ort - erwiesen sich als gegenstandslos. Die Betriebskantine war proppevoll, es wurde weiter lebhaft diskutiert, und dabei war der Ministerpräsident schon eine Stunde tot. Keiner hatte gewagt, es ihnen zu sagen.

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