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Fotochemie ab in den Ausguß

■ In der Hochschule für Kunst und Gestaltung werden giftige Chemikalien kurzerhand weggespült Laborleiterin: „Knn man auch trinken“ / Klärschlamm wird verseucht, Algenwachstum beschleunigt

Wer gerne fotografiert und seine Bilder nicht einem Labor überlassen, sondern selbst entwickeln will, steht immer dann vor einem Problem, wenn Entwicklerlösung und Fixierbad nicht mehr so recht ihren Dienst tun. Wohin mit der giftigen Brühe? „Wir können da nur an das Umweltbewußtsein appellieren“, sagt Dietrich Schröder von der Abwasserüberwachung des Amtes für Straßen-und Brückenbau. Ein Appell, der aber auch beim Gutwilligen auf pragmatische Schwierigkeiten stößt. Unternehmen, die Großlabors entsorgen, weigern sich oft, die geringen Mengen eines kleinen Labors abzuholen. Und beim Schadstoffmobil muß der Hobbyfotograf seinen Behälter, gleich mitabgeben. „Ich hab‘ zwar ein schlechtes Gewissen, aber ich kipp das ins Klo“, sagte gestern einer,“ und meine Bekannten machen das auch alle so.“

Mehr als einen Appell hat das Amt für Stadtentwässerung gegen gewerbliche Labors in der Hand, nämlich das „Entwässerungsortsgesetz“. Danach unterliegen Fotolabors der Überwachung. Sie müssen durch „Entsorgungsnachweise“ belegen, daß Fixierer und Entwickler von einer Abfallbeseitigungsfirma beseitigt werden.

Doch nicht nur bei gewerblichen Labors fallen große Mengen giftige Chemikalien an. Auch in staatlichen Labors, im Kataster

amt, bei der Landesbildstelle, der Polizei und in Hochschulen wird fleißig geknipst und entwickelt. Zum Beispiel bei der Hochschule für Kunst und Gestaltung. Im dortigen Labor stehen den StudentInnen 10 schwarz-weiß und 3 Colorarbeitsplätze zur Verfügung. Trotzdem: „Hier fällt fast nicht an“, meint Christa Bloch, die Leiterin des Labors. Und außerdem: „Das Zeug können Sie trinken. Dann kriegen Sie vielleicht

Bauchschmerzen, mehr nicht.“ So haben es der Laborleiterin auf Nachfrage die Fotobedarfsfirmen Agfa und Kodak geschrieben. Und genauso hat Frau Bloch es dann an die Umweltbehörde weitergegeben, die mit einem großen Fragenkatalog in Erfahrung bringen wollte, wie in stadtbremischen Behörden und Institutionen mit Chemikalien umgegangen wird. „Das habe ich ausgefüllt und dann habe ich nichts mehr ge

hört. Also habe ich ein gutes Gewissen“, so Frau Bloch.

Was angeblich für den Menschen fast ungiftig ist, kann dagegen in der Kläranlage, im Wasser und im Klärschlamm zu erheblichen Problemen führen. So befindet sich im Fixierer Silber, das sich im Klärschlamm anreichert und mit dafür sorgt, daß entweder landwirtschaftlicher Boden verseucht oder das Giftmüllproblem immer größer wird. Sulfate ver

ursachen Korrosionen im städtischen Kanalnetz, und das ebenfalls enthaltene Ammonium sorgt zusammen mit den Düngemitteln aus der Landwirtschaft für eine Überdüngung der Meerespflanzen und damit für ungebremstes Algenwachstum.

Dabei ist eine Entsorgung der Labors leicht zu organisieren und dabei noch preiswert. Für den Fixierer zahlt die Recycling-Firma wegen des Silbergehaltes den Labors sogar ein paar Mark. Und nur für den Entwickler, der nicht gewinnbringend zu recyceln ist, muß das Labor bezahlen. In der Summe, so eine Mitarbeiterin einer Recycling-Firma sei das ganze im Durchschnitt kostenneutral.

Auch diese Recycling-Firma hat bereits besondere Erfahrungen mit der Bremer Umweltbehörde gemacht. Als sie vor einigen Monaten ein Angebot unterbreitete, künftig zentral die kleineren Fotolabors zu entsorgen, stieß sie bei den beamteten Umweltschützern auf Desinteresse. „Bei den kleinen lohnt sich das nicht, da sind die Mengen nicht so groß“, sei ihr mitgeteilt worden, berichtete die Frau gestern. „Mir ist das völlig unverständlich, wenn man die Mengen sieht, die gerade in den kleinen Labors zusammenkommen.“

hbk

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