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Am Pranger

■ Einschüchterung von „Abtreibungsärzten“

Die kleinen Betrügereien eines Arztes bei der Abrechnung ein recht übliches „Kavaliersdelikt“ in der Ärzteschaft nimmt die Koblenzer Staatsanwaltschaft zum Anlaß, ein Exempel nach Memminger Muster zu statuieren. Am Pranger steht: „Der Abtreibungsarzt“. Und mit ihm seine Patientinnen. Über 100 Frauen werden unter dem Vorwand der Zeugenvernehmung anhand eines inquisitorischen Fragebogens nach intimen Details ausgehorcht. Die Schnüffelei reicht vom Kontostand bis zum allabendlichen Liebesleben. Doch damit nicht genug. Obwohl juristisch keine Handhabe besteht, werden Beraterinnen bei Pro Familia und die Ärzte, die die Indikationen stellten, gleich mit überprüft. Sie geraten in den Ruch der Illegalität, weil sie keine „schriftliche Begründung“ für die Indikationen vorgelegt haben. Von derartigen „Gutachten“ ist jedoch im Wortlaut des Paragraph 218ff keine Rede. Die Staatsanwaltschaft versucht eine Verschärfung durchzusetzen, indem sie formale Kriterien um und neudefiniert.

Insofern übertreffen die rheinland-pfälzischen Ermittler noch ihre Kollegen im bayerischen Allgäu. Die konnten dem Memminger Frauenarzt zumindest formal einen Verstoß gegen den Paragraph 218 nachweisen. Nicht so in Rheinland-Pfalz. Die Behörden wurden aktiv, weil „Abtreibungsärzte“ per se schon verdächtig sind und weiterhin verdächtigt werden sollen. Die Botschaft an die Ärzteschaft ist unüberhörbar: Wenn ihr euch Ärger ersparen wollt, dann laßt die Finger von allem, was mit Abtreibung zu tun hat. Selbst wenn die konkreten Verfahren eingestellt oder in Memmingen ein mildes Urteil gesprochen werden sollte, ist das Ziel erreicht. Alle haben Angst.

Helga Lukoschat

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