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Kewenig stößt an Grenzen

Inernationale Proteste an IWF-Polizeieinsatz in Berlin / Alliierte sollen aufpassen / Kewenig Thema im US-Kongreß / Presseorganisation „Article 19“ interveniert  ■  Aus Berlin Georgia Tornow

In scharfer Diskrepanz zur selbstgerechten Pose von Berliner Polizeiführung und Innensenator reißt die Kritik an den Polizeieinsätzen während des IWF- und Weltbankkonkresses der letzten Woche nicht ab. Während gegen Übergriffe und Mißhandlungen durch die Polizei bislang vor allem von seiten der örtliche Presse und von Berliner BürgerInnen Beschwerde geführt worden war, erregten die Sicherheitskräfte diesmal internationale Aufmerksamkeit. Die müssen sie sich allerdings mit dem Berliner Innensenator Kewenig teilen, dessen locker-flockige Äußerungen zur Bedeutung der Pressefreiheit bis nach Washington vernommen wurden.

Nachdem sich am Montag der Innenausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses mit der Absicht vertagt hatte, eine Anhörung von Journalisten durchzuführen, die sich über Behinderungen und Mißhandlungen beklagt hatten, trat auch in der US-Hauptstadt ein Gremium zum Thema Westberliner Polizeieinsatz und Pressefreiheit zusammen. Der Unterausschuß des Repräsentantenhauses für europäische Angelegenheiten ließ sich von keinem geringeren als dem stellvertretenden Außenminister John C. Whitehead nichtöffentlich über die Vorkommnisse in Berlin am Rande des internationalen Mammutkongresses berichten. Bisher war noch keine offizielle Stellungnahme über Verlauf und Inhalt der Sitzung zu erhalten.

Ebenfalls am Montag erhielt die taz die Kopie eines Schreibens an Innensenator Kewenig, in dem die internationale, in London ansässige Presserechtsorganisation „Article 19“ gegen dessen restriktive Interpretationen der Pressefreiheit Stellung bezieht. Die Organisation, die ihren Namen von Artikel 19 der Allgemeinen Menschenrechtserklärung herleitet - hier wird die Meinungsfreiheit jedes Menschen und ihre aktive Ausübung deklariert - protestiert in diesem Schreiben gegen die Behinderung von körperliche Angriffen auf Fortsetzung auf Seite 2

Presseleute während des IWF- und Weltbankkongresses. Durch ihren Direktor Kevin Boyle läßt sie dem Berliner Innensenator darüber hinaus mitteilen, man sei mit der Überprüfung der rechtlichen Zuständigkeiten der Regierungen Frankreichs, des Vereinigten Königreichs, der USA und der Sowjetunion in diesem Zusammenhang befaßt.

Ob allerdings „Article 19“ tatsächlich vom Berliner Innensenator - wie der Schlußsatz es ausdrückt - eine Antwort erwarten darf, ist fraglich. Auf der Sitzung des Innenausschusses wurde nicht nur das Verhalten der Polizei, sondern auch die Reaktion des Innensenators auf Kritiker bemängelt. Der SPD-Abgeordnete Pätzold hatte von der „Führungsbank“ einiges an respektlosen Bemerkungen über eine Protesterklärung des US-Bürgerrechtlers Jesse Jackson gehört und warnte vor einem solchen Umgang: „Wenn dieser Senat Pech hat, ist dieser von mir sehr geschätzte Mann der nächste Außenminister der Vereinigten Staaten.

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