: HBV-Sekretärin im Zwangsurlaub
Weil die hessische Gewerkschaftssekretärin Monika Lehmann sich nicht von einem Thesenpapier zur HBV-Jugendarbeit distanzieren will, wurde sie von dem HBV-Landesleiter von ihrer Arbeit suspendiert ■ Von Martin Kempe
Berlin (taz) - Er habe versucht, ihr „kollegial behilflich zu sein“, schrieb der hessische Landesleiter der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Franz -Josef Köppler, an seine Kollegin Monika Lehmann. Das war am 20.September. Zwei Wochen später, am 5.Oktober, war es mit der Kollegialität Köpplers vorbei: Er schickte die Sekretärin der hessischen HBV-Landesbezirksleitung für die Bereiche Großhandel, Lebensmittelfilialbetriebe, Sozialpolitik und Ersatzkassen, kaum daß sie nach zweiwöchiger Krankheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt war, postwendend wieder nach Hause - in Zwangsurlaub. Grund: HBV-Sekretärin Lehmann war immer noch nicht bereit, sich in einer Erklärung von der öffentlichen Erörterung eines Papiers zu distanzieren, das sich kritisch mit der HBV-Jugendarbeit auseinandersetzt. Damit hat ein seit Monaten innerhalb der HBV schwelender Konflikt rund drei Wochen vor dem HBV-Gewerkschaftstag ein vorläufiges Ende gefunden. Ob und wie es jetzt noch weitergehen kann, muß der Geschäftsführende Hauptvorstand der HBV am kommenden Montag entscheiden.
Monika Lehmann war seit 1984 Jugendbildungsreferentin bei der HBV-Landesleitung in Hessen. Im Frühjahr hatte sie mit einigen ebenfalls innerhalb der HBV tätigen Teamern eine geharnischte Kritik der HBV-Jugendarbeit verfaßt: sie klebe allzusehr an bestimmten linksdogmatischen Stereotypen und autoritärer Leitfadenpädagogik und lasse den eigenen Bedürfnissen der jugendlichen Lehrgangsteilnehmer keinen Raum.
Die Reaktion der hessischen HBV war zunächst uneinheitlich. Am 1.April wurde die Jugendbildungsreferentin, die über Fremdmittel finanziert war, als politische Sekretärin von der HBV-Landesleitung übernommen - unter anderem zuständig für den Bereich Bildung. Eine inhaltliche Diskussion des umstrittenen Thesenpapiers wurde zugesichert, auch wenn die hessische HBV-Landesleitung betonte, es handele sich keinesweg um ein offizielles Papier der HBV. Zum gravierenden Konflikt wurde die Auseinandersetzung erst dadurch, daß der Mitautorin Lehmann Anfang Juni die Zuständigkeit für den Bildungsbereich innerhalb der HBV -Hessen wieder entzogen wurde.
Aufgeschreckt durch die öffentliche Diskussion um den Konflikt forderte der hessische HBV-Landesleiter Köppler seine Mitarbeiterin Anfang September auf, eine Erklärung abzugeben. Was darin stehen sollte, sagte Köppler ihr auch: sie solle die Erörterung des Diskussionspapiers außerhalb der HBV mißbilligen, sich von öffentlichen Erklärungen und Interviews anderer Verfasser des Papiers distanzieren und klarstellen, daß sie nicht von der Gewerkschaft diszipliniert worden, sondern im Gegenteil von der Jugendbildungsreferentin zur fest angestellten Sekretärin befördert worden sei. Schließlich sollte sie auch noch ihren Austritt aus der Verfassergruppe erklären.
Als Monika Lehmann das Ansinnen ablehnte, war der Bruch offensichtlich nicht mehr zu kitten. Ihren Arbeitsplatz hat sie nach ihrer Beurlaubung nur noch aufräumen können. Wann nun inhaltlich über das Diskussionspapier der Gruppe innerhalb der HBV diskutiert werden kann, ist noch ungewiß. Am 8.Dezember, so hatte der hessische Landesbezirksvorstand im Juni beschlossen, wolle man zwar nicht über das Papier, aber über die Bildungsarbeit insgesamt reden.
Ob dann die nun erst einmal suspendierte Monika Lehmann an dieser Diskussion noch teilnehmen kann, ist ungewiß. Es hängt von der für Montag erwarteten Entscheidung des Düsseldorfer HBV-Vorstandes ab, was nun mit ihr geschehen soll. Immerhin hieß es auf Anfrage der taz in der HBV -Zentrale, daß mit einer Entlassung nicht zu rechnen sei.
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