: Palästinenser wieder im Streik
■ Gewaltstreikaufruf im elften Monat der Intifada befolgt / Acht Tote allein an diesem Wochenende / Keine weiteren Parteien von den israelischen Wahlen ausgeschlossen
Jerusalem (afp/ap) - Mit einem 24stündigen Generalstreik, der das öffentliche Leben in den von Israel besetzten Gebieten fast vollständig lahmlegte, haben die PalästinenserInnen am Sonntag den Beginn des elften Monats des Volksaufstandes gedacht. Der Streikaufruf der Untergrundführung des Aufstandes wurde strikt befolgt. Überall hatten die Geschäfte geschlossen. Bei Unruhen am Freitag und Samstag wurden erneut sechs Palästinenser von israelischen Soldaten getötet, ein weiterer erlag seinen Verletzungen, die er am 29. September erlitten hatte. Damit starben nach palästinensischen Angaben seit Beginn des Aufstandes vor zehn Monaten fast 300 Palästinenser und sechs Israelis bei gewalttätigen Auseinandersetzungen mit israelischen Soldaten oder Siedlern. Die Zahl der Verwundeten geht in die Tausende.
Die schwersten Zusammenstöße zwischen protestierenden Palästinensern und israelischen „Sicherheitskräften“ ereigneten sich am Freitag in Nablus, wo vier Demonstranten erschossen wurden. Am Samstag wurden in Ramallah und Dschenin zwei weitere Palästinenser erschossen. In Nablus wurden am Wochenende Vorwürfe laut, wonach ein am Donnerstag ums Leben gekommener Demonstrant mit gefesselten Händen von israelischen Soldaten erschlagen worden sei. Die Armee bestritt dies energisch.
Verteidigungsminister Jizhak Rabin wurde am Samstag vom israelischen Rundfunk mit der Äußerung zitiert, es sei seine Politik, unter den Arabern Verluste herbeizuführen, um deren Aufstand niederzuwerfen. Die „Unruhestifter“ sollten Verluste und Verletzungen erleiden, damit sie wüßten daß Festnahmen noch nicht das letzte Mittel seien. Seit Beginn des Aufstands seien 7.000 Palästinenser verletzt und 18.000 festgenommen worden. Von ihnen seien noch 5.600 in Haft. 2.000 von diesen müßten ohne Gerichtsverfahren Strafen von bis zu sechs Monaten verbüßen.
Die Wahlkommission des israelischen Parlaments hat am Sonntag den Ausschluß der militant-nationalistischen Tehiya -Partei sowie der ihr nahestehenden Gruppen Tzomet und Moledet von den Parlamentswahlen am 1. November abgelehnt. Die Antragsteller hatten den Ausschluß mit der Begründung verlangt, diese drei Gruppen seien rassistisch, weil sie eine - wenn auch „freiwillige“ - Umsiedlung der Araber in den besetzten Gebieten befürworteten.
Die Kach-Partei des Rabbis Meir Kahane, die eine gewaltsame Vertreibung der arabischen Bevölkerung propagiert, war von der Kommission von den Wahlen ausgeschlossen worden. Kahane hat diese Entscheidung angefochten. Mit einer einzigen Stimme Mehrheit hat die 39köpfige Wahlkommission am selben Tag einen Ausschluß der „Fortschrittsliste für den Frieden abgelehnt“.
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