: ZDF-Filmmaterial beschlagnahmt
■ Berliner Studio gab Film über Polizeieinsatz bei Anti-IWF-Demonstration heraus / Kripo ermittelt gegen unbekannte Polizisten, die eine Demonstrantin mißhandelten / Journalisten sagten als Zeugen aus
Berlin (taz) -Journalisten des ZDF haben sich der Berliner Kripo als Zeugen zur Verfügung gestellt und ausgesagt. Die Beamten ermitteln gegen mehrere noch unbekannte Polizisten wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt. Außerdem beschlagnahmte die Kriminalpolizei am Dienstag im West -Berliner ZDF-Studio einen Film, der bei der Anti-IWF -Demonstration autonomer Gruppen am 29.September aufgenommen worden war.
Der Beschlagnahme-Beschluß enthielt den Hinweis, daß die Durchsuchung des ZDF-Studios durch die Herausgabe des Materials abgewendet werden könne. Nach Angaben des stellvertretenden Justitiars der ZDF-Zentrale in Mainz, Friccius, hatte das Berliner ZDF-Team daraufhin den Film freiwillig ausgehändigt.
Wie ein Berliner ZDF-Mitarbeiter der taz berichtete, handelte es sich um die etwa zwei Minuten lange Rohfassung, deren geschnittene und somit kürzere Fassung am 29. September im 'heute-Journal‘ ausgestrahlt wurde. Das Kamera -Team hatte bei der Demonstration der autonomen Gruppen versucht, die Festnahme einer Frau zu filmen. Nach den Angaben des ZDF-Mitarbeiters sei das Team von der Polizei zunächst behindert worden; so sei auf dem Film nur zu sehen, wie eine Demonstrantin nach ihrer Festnahme bäuchlings vor einem Schaufenster liege. Sie werde von zwei Polizisten festgehalten, einer knie auf ihr, der andere neben ihr. Der Kopf der Frau werde von dem neben ihr knienden Beamten auf den Boden gedrückt. Dem ZDF-Mitarbeiter zufolge belegen die Bilder nicht, daß die Frau geschlagen worden sei.
Das Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte beruht auf Augenzeugen-Aussagen des SPD-Abgeordneten Pätzold, der am Rande der Demonstration mitgelaufen war, um „der Polizei auf die Finger zu sehen“. Er hatte am 4.Oktober vor dem Innenausschuß des Berliner Abgeordnetenhausesgeschildert, wie der Kopf einer jungen Frau mehrmals von einem Polizisten auf das Straßenpflaster geschlagen worden sei.
ZDF-Justitiar Friccius erklärte, daß der Sender wegen mangelnder Aussicht auf Erfolg gegen die Beschlagnahme des Filmes keine Beschwerde eingelegt habe, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Beschlagnahme von Film-Material für Ermittlungszwecke für zulässig erklärt habe.
Zuvor hatte die Kripo telefonisch im Berliner ZDF-Studio angekündigt, daß die bei der Festnahme dabeigewesenen Journalisten als Zeugen vernommen werden sollten. ZDF -Sprecher Stefanski bestätigte, daß der Redakteur und der Kameramann sich dazu bereit erklärt hatten. Auf die Frage, ob diese Bereitschaft mit den polizeilichen Angriffen auf ZDF-Journalisten während der Anti-IWF-Proteste zusammenhänge, sagte ein Berliner ZDF-Mitarbeiter zur taz: „Das kann man so sagen.“
plu/diba
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen