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Kaktus

■ Theaterkrach um Neuenfels

Ein Berliner FDP-Politiker weiß, daß Neuenfels‘ Debüt als Intendant mißlungen ist, sein SPD-Kollege schimpft: Nicht mit unseren Steuergeldern, und die CDU argumentiert mit zu niedrigen Besucherzahlen. Wenn's ums Theater geht oder um Kunst, wird immer nur über Geld geredet. Nicht der letzte Bühnenauftritt Elisabeth Trissenaars, nicht Neuenfels‘ Kleist-Interpretation, nicht Karajans Beethoven-Brio erhitzen die Gemüter, sondern eine lächerliche Million. Dummerweise stimmen die Theaterleute in diesen Chor mit ein. In Essen argumentiert Hans Günther Heyme mit dem Jäger 90 gegen die Milliarden, die statt für die Kunst fürs Militär ausgegeben werden, und Neuenfels führt ins Feld, die Volksbühnen-Platzausnutzung betrage doch immerhin 56 Prozent.

Dahinter steckt wie immer die prinzipielle Frage nach der Berechtigung von subventionierter Kunst. Den Theaterleuten, die behaupten, es liege am Geld, daß sie so wenig Aufregendes auf die Bühne stellen, möchte man die von Syberberg dem Kino vorgeschlagene Radikalkur anraten: Weg mit den Subventionen, die Guten werden übrigbleiben. Und den Politikern, vor allem den Linken, möchte man ihre Kulturfeindlichkeit um die Ohren schlagen: daß sie sich ums Theater nur scheren, wenn mal wieder rauskommt, daß es auch was kostet.

Für Berlin wünsche ich mir da einen wie Väterchen Augstein. Als die Hamburger sich übers Thalia-Theater empörten, weil Jürgen Flimm die Sponsor-Gelder der Rüstungsfirma MBB zurückwies, bereitete er der drohenden Finanzdebatte ein schnelles Ende und überwies die fehlenden 75.000 Mark. Aber es fällt schwer, eine Sammlung für Neuenfels zu fordern. Denn wer verteidigt in der Berliner Theaterwüste schon gerne den einen kläglich blühenden Kaktus?

Christiane Peitz

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