: Hertha hat einen Fuchs
Werner Fuchs löste Jürgen Sundermann als Trainer bei Hertha BSC ab ■ T R A I N E R - K A R U S S E L L
Der eine ging, der andere kam. Als der neue Hertha-Trainer, Werner Fuchs, 39, zusammen mit seiner Familie auf dem Flughafen Tegel festen Boden unter den Füßen hatte, wäre fast ein rühriges Zusammentreffen zustande gekommen. Nur ein paar Meter entfernt löste der entlassene Vorgänger, Jürgen Sundermann, 48, gerade ein Ticket Richtung Stuttgart. Abschied und Ankunft. Wachablösung bei Skandalnudel Hertha BSC.
Mit Fuchs haben die Verantwortlichen von Hertha, erstmals nach langer Zeit, darauf verzichtet, einen spektakulären Coach zu verpflichten. Im Gespräch waren große Namen. Hennes Löhr, der die bundesdeutsche Olympia-Mannschaft zu Bronze führte, gehörte ebenso zum Kreis der Kandidaten wie der vor der Saison bei Borussia Dortmund ausgestiegene Reinhard Saftig. Hertha lockte mit viel Geld und einer neuen Aufgabe. Doch beide winkten ab. Und dafür hatten sie gute Gründe. Renomierte Fußball-Lehrer wissen um schwierige, fast aussichtslose Aufgaben. Sie wissen, wie es zu vermeiden ist, ihren guten Ruf zu ruinieren. Und: es dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, daß eine Anstellung bei Hertha BSC, was Fanatismus, Größenwahn und Hochstapelei betrifft, kein ruhiges Arbeiten bedeutet. Sundermann sagte in seiner letzten Woche in Berlin: „Gegen die Verhältnisse bei Schalke 04 ist dies das reinste Tollhaus.“ Mehr braucht zu diesem Thema eigentlich nicht gesagt werden...
Werner Fuchs wird es schwer haben. Obwohl er als Experte der zweiten Liga gilt. Seit fünf Jahren betreut er Mannschaften aus diesem Dunstkreis. Mit Alemania Aachen schaffte er es Saison für Saison, im oberen Mittelfeld mitzuspielen. Biedere Mittelmäßigkeit war in der Vergangenheit sein Geschäft. Zuletzt betreute Fuchs den 1.FC Saarbrücken. Doch nach nur kurzer Dauer trennte man sich dort „im beiderseitigen Einvernehmen“. Bei den „unüberbrückbaren Schwierigkeiten“ an der Saar dürfte ein Angebot von der Spree sicher Pate gestanden haben.
Fuchs trifft ein Team an, daß vor allem vom Kampf lebt. Spielerisch ist Hertha eine Null. „Die zweite Liga“, waren Fuchs‘ erste Worte in Berlin, „lebt vom kämpferischen Element“. Überhaupt verspricht der neue Mann keine Wunderdinge: „Wir müssen von den Abstiegsplätzen weg. Ob das zu schaffen ist, zeigt sich bis zur Winterpause.“ Auch über das psychologische Moment hat Fuchs bereits nachgedacht: „Mir ist es sehr recht, daß wir erst auf fremdem Platz spielen. Da wird nicht soviel erwartet.“ Eine Auftaktniederlage ist also einkalkuliert. Über die Sturmmisere, bisher schossen Rombach und Co. ganze acht Tore in 12 Spielen, wollte sich Fuchs nicht äußern. Das müsse abgewartet werden. Vielleicht werde demnächst eine neue Kraft verpflichtet.
Daß die Berliner nicht gewillt sind, dem Trainer des Drittletzten der zweiten Liga großen Kredit einzuräumen, zeigte sich bereits am Samstag bei einem Freundschaftspiel zwischen Rudow und Hertha. Nach dem 2:0 für die Profis rief ein Fan, unüberhörbar: „Mach hier mal nicht soviel Wind. Erstmal wollen wir Leistung sehen.“ Die rauhe Berliner Luft bekam Fuchs also schon bei seinem ersten Auftritt zu spüren.
Holger Schacht
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