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Leere Stühle in Libanons Parlament

Beirut (taz) - Nur 26 Abgeordnete der einzigen libanesischen Parlamentskammer erschienen am Dienstag morgen im alten Versammlungssitz Beiruts. Wenigstens 39 Abgeordnete hätten dem Aufruf des Parlamentssprechers Hussein el-Husseini folgen müssen, ihn neu zu wählen und ihn als einzigen Kandidaten für weitere vier Jahre im Amt zu bestätigen.

Seit Mitte August sind bereits - maßgeblich nach einem Zwangsboykott durch die im phalangistisch kontrollierten Ost -Beirut angesiedelten Parlamentarier - drei Anläufe gescheitert, einen Nachfolger für Präsident Amine Gemayel zu wählen, dessen Amtszeit am 23.September abgelaufen ist. Die „Forces Libanaises“ (FL), mächtige Einheitsmiliz der christlichen Maroniten, lehnt verbissen die Wahl eines von Syrien akzeptierten Präsidentschaftskandidaten ab.

Seit Anfang der präsidentenlosen Zeit am 23.September rivalisieren zwei „Übergangsregierungen“ miteinander, die vom sunnitischen Premierminister El-Hoss geführte in West -Beirut und die vom maronitischen Ex-Generalstabschef Aoun geführte in Ost-Beirut. Die seit dem Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs prophezeite Spaltung des Landes droht jetzt wieder aktuell wie niemals zuvor.

Seit Dienstag morgen bleibt nun auch das zweithöchste Amt im Staate Libanon vakant. Dem umstrittenen „Nationalpakt“ von 1943 folgend wird der Posten des Parlamentspräsidenten von einem Politiker aus der Schiitengemeinde bekleidet. Das Parlament wählt den Staatspräsidenten und muß die Regierung bestätigen. Während Verfassungsexperten streiten, ob el -Husseini auf vorübergehender Basis legal weiterarbeiten kann, haben sich die verfeindeten politischen Lager hinter den traditionellen politischen Ausrichtungen verbarrikadiert.

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