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Freie Maaaaktwirtschaft

■ BremerInnen können doch feiern: Freimarktsumzug durch Asphaltschwaden für warme Herzen - bunt, charmant, umsonst und draußen

Die Mädchen waren keine Funkemariesche sondern norddeutsche Deerns, es gab Bonschen statt Kamelle und für die Strüßchen flogen Freimarktsherzen von den Wagen - aber trotz all dieser Unterschiede war da doch ein bißchen Rosenmontagsatmosphäre. Die Bremer feierten am Samstag die Einführung der freien Maaaktwirtschaft, und die Innenstadt war dicht.

Gesammelt hatte man sich in der Neustadt und in der Faulenstraße. Die Neustädter ließen allerdings auf sich warten, weil man in Bremen allemal in irgendeiner Baustelle hängenbleibt. Die Langemarckstraße war gerade frisch geteert, als der bunte Zug daherkam. Also zog man unverdroseen über den noch klebrigen Straßenbelag und durch die Schwaden der Asphaltkocher, vorbei am Roncalli-Zelt, vor dem der Circusdirektor Bernhardt Paul stand und sich freute, einmal andern beim Klamauken zuschauen zu können. Da bot sich manches, was sich erfreulich unterschied von den ewigen Spielmannszügen, die den Zuschauern die Trommelfelle zerblasen. Beispiel: Der Bremer Borgwardclub - grauhaarige, ältere Herren mit ihren Limousinen vor den Mods vom Vespa -Verein, deren Soziusfahrerinen die Zuschauer mit Süßigkeiten bombardierten, eine Feuerwehrtruppe, die in historischen Uniformen marschierte und 20 Schornsteinfeger, die das Glück bringen sollten. So richtig warm ums Herz konnte einem werden, wenn man von 70jähri

gen Omas und ihren Enkelinnen mit Konfetti beworfen wurde. Und das nicht nur nach dem „Küstennebel“, der einem vorher von einer Putzfrauen-Truppe per Ei

erbecher eingeflößt worden war.

Nach all den Werder- und Stadtfesten, wo wir uns vorwerfen lassen mußten, Bremer könnten nicht feiern (insgeheim ge

meint: Geld ausgeben), war dieser Freimarktsumzug ein echtes Fest, bunt, charmant, umsonst und draussen.

Wolfram Steinberg

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