: Olympia-Nachlese
Am Donnerstag abend saßen sie alle an einem Tisch: Armin Baumert als Funktionär des bundesdeutschen Sports, Dirk Meyer (Surfer in Seoul), Stanley Schmidt (SFB), Dirk Messner (Politologe) und Jon Su Rhee von der Vereinigung für Demokratie in Korea. Auf Einladung der Sportsoziologen Alfred Richartz und Thomas Alkemeyer debattierten die Herren über Politik und Olympia nach Seoul.
Baumert fand, „daß die drei Wochen von Seoul von menschlichen Begegnungen geprägt“ waren. Ähnlich äußerte sich auch Meyer, der von seinen ihn treu begleitenden Sicherheitsbeamten berichten konnte und zu ihnen sogar ein wenig Freundschaft geschlossen haben will (Surfer Meyers lustige Erlebnisse in Südkorea).
Auch wußte Meyer über die „Sanierungsmaßnahmen“ der Regierung zu berichten und lobte die Aufbruchstimmung im Land. Stellvertretend für alle, denen nach Meyers Erzählungen langsam das Kotzen kam, berichtete der FU -Politologe Messner dann über das „Stadtsanierungsprogramm“. Seit 1982 hat die Militärregierung zwei Millionen Einwohner aus Seoul vertrieben, dieser Säuberung fielen besonders Bettler, Blinde, Straßenhändler und Oppositionelle zum Opfer (mindestens 20 Tote). Als Rhee dann erzählte, daß Olympia zur „Erniedrigung Nordkoreas mißbraucht“ worden sei, war die Gute-Abend-Stimmung endgültig versaut. Die Unterschiede zwischen den Total-Ignoranten und den „Linken“ waren endlich richtig auf dem Tisch.
Thomas Alkemeyer zog dann eine Parallele zu den Spielen 1936 („beide Male waren die Olympischen Spiele ein Zeichen der Macht der Herrschenden und Mittel nationaler Selbstdarstellung“). Dagegen freute sich der SFB-Mann Schmidt, daß „die Spiele endlich mal wieder Boykott-frei waren“. Sein Statement zur medialen Verwertung des Sports: „Die Geister, die man rief, wird man jetzt nicht mehr los. Wir sind auch nur Sklaven einer Entwicklung, und da der Markt bald gesättigt ist, ist ein Ende der Entwicklung absehbar.“
In dieser Einschätzung war man sich dann immerhin einig: Wenn das Big Business einmal aussteigt, werden sie Olympia als eine leere Hülse zurücklassen und den Ruin der Veranstaltung bewerkstelligt haben.
Joop Springer
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