: Ein Schildchen für anonyme Uniformierte
■ Kewenig nicht grundsätzlich gegen Namensschilder bei der Polizei / AL-Vorschlag von anderen Fraktionen abgelehnt
Wenn man den Worten des Innen- und Verfassungssenators Kewenig trauen kann, dann wird in nächster Zeit die alte Debatte um eine Kennzeichnung von Polizisten erneut geführt werden. In einer Fernsehdebatte am Mittwoch abend hatte Wilhelm A.Kewenig beteuert, die namenlose Ausübung der polizeilichen Tätigkeiten gebe es nur deshalb noch, weil man sie nicht gegen den Willen der Betroffenen durchsetzen könne. Wenn er sich nun daran machen will, Polizisten vom Sinn einer solchen Kennzeichnung zu überzeugen, kann er auf eine alte Initiative der FDP zurückgreifen. Die Liberalen hatten bereits 1963 bundesweit den Vorschlag gemacht, Polizeibeamten mit sichtbar getragenen Namenschildern auszustatten. Als sie in Berlin noch mit der SPD koalierten, hatten sie diese nie durchgesetzte Forderung sogar noch in die Koalitionsvereinbarungen hineinschreiben lassen. Doch bei der letzten Debatte im Abgeordnetenhaus zum Thema (September 1986) überlegten die Wendeliberalen es sich dann wieder einmal ganz anders: Die Umstände, meinte der FDP -Abgeordnete Oxfort sinngemäß, die seien nun mal noch nicht so. Schuld daran seien die radikalen Gruppen, die immer wieder die Polizei attackierten. Mit der CDU stimmten sie nur für Namensschilder bei Kontaktbereichsbeamten.
Inzwischen sind es die Alternativen, die wissen wollen, mit wem man es bei der Polizei zu tun hat. Sie hatten in einem von allen Fraktionen abgelehnten Antrag den Senat dazu aufgefordert, mit dem Gesamtpersonalrat der Polizei über Namensschilder zu verhandeln. Die AL-Forderung nach Aufhebung der polizeilichen Anonymität bezieht sich ausdrücklich auch auf Polizisten bei geschlossenen Einsätzen. Ein Polizist stelle sich nun mal in der Regel nicht vor, bevor er zuschlägt, so daß man ihn ohne Namensschild kaum zur Verantwortung ziehen könne. Aus den gleichen Gründen tritt auch die Vereinigung Berliner Strafverteidiger schon seit Jahren für eine generelle Kennzeichnung aller Polizeibeamten ein.
Die SPD fand die Rumpelstilzchenhaltung der uniformierten Anonymen stets verständlich. Genau wie die Gewerkschaft der Polizei findet die SPD eine Polizeikennzeichnung diskriminierend.
RiHe
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