piwik no script img

Gespannter Blick nach Moskau

■ * Kohls Moskau-Reise: Diepgen warnt vor zu hohen Erwartungen in Berlin / Berlins Einbeziehung in die Beziehungen BRD-UdSSR müsse selbstverständlich werden

Kanzler Kohls bevorstehende Moskaureise läßt auch Berlins Politiker mit gespannter Erwartung aufmerken. Der Regierende Diepgen wappnet sich schon vorab mit Zweckpessimismus. Er warnte vor zu hohen Erwartungen an den Besuch in Moskau und den Besuch des sowjetischen Generalsekretärs Gorbatschow in Bonn im nächsten Frühjahr. „Aber ein Signal zu wirklicher Bewegung in allen Fragen, die mit Berlin zusammenhängen, wäre ein gutes und längst überfälliges Ergebnis“, sagte Diepgen am Sonntag. Sein Wunsch: die Einbeziehung Berlins in die Beziehungen zwischen der BRD und der Sowjetunion sollte künftig zu einer Selbstverständlichkeit werden. Die Sowjetunion muß nach Diepgens Ansicht akzeptieren, daß Berlin von der Bundesrepublik nach außen vertreten wird. Dabei komme es nicht nur auf eine zufriedenstellende rechtliche Regelung in Verträgen an, „sondern vor allem auch auf die tatsächliche Beteiligung Berlins bei der praktischen Zusammenarbeit“, erklärte Diepgen weiter.

Unzufrieden ist der Berliner Regierungschef mit einem Zustand, in dem Berlins Beteiligung immer neu erstritten werden müsse. Dieser Punkt, forderte Diepgen, müsse ein für allemal klargestellt werden. Berlin verstehe sich aber nicht als „Stolperstein“ für die deutsch-sowjetischen Beziehungen, wenn es auf seiner Einbeziehung bestehe. Diepgens Hoffnung: Nach der gemeinsamen Erklärung der EG und des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe müsse Berlin „als Scharnier für vielfältige Kontakte“ zwischen EG und RGW genutzt werden. Der Senat hofft außerdem, daß Kohl nicht vergißt, mit der Sowjetunion die Berlin-Initiative der West -Alliierten zu erörtern. Trotz der ausweichenden Reaktionen der UdSSR auf diese Initiative enthielte die sowjetische Antwort auch konstruktive Elemente.

dpa/taz

Zu Kohls Moskaureise siehe auch Seite 1 und Tagesthema Seite 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen