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Gurke des Jahres-betr.: "Ein Film für Gewalt", "Kinder hassen es,anders zu sein",taz vom 13.10.88

betr.: „Ein Film für Gewalt“, „Kinder hassen es, anders zu sein“, taz vom 13.10.88

Welcher Teufel hat euch den geritten, diesen sogenannten Anti-Apartheidfilm so in den Himmel zu loben? Vor allem ihn, wie in dem Interview mit Shawn Slovo geschehen, Cry Freedom gegenüberzustellen.

Die permanente Unterdrückung der schwarzen Mehrheit in Südafrika wird in diesem Film allenfalls am Rande gestreift: neun Zehntel des Films kreisen um eine Mutter/Tochter -Beziehung deren Problematik mit Apartheid nichts zu tun hat. Der Ort der Handlung ist beliebig austauschbar. Schwarze als bloße Staffage für die Konflikte zwischen einer pubertierenden 13jährigen und ihrer Politmama. Qui bono?

Schwarzer Widerstand wird auf den Aufruf eines jungen ANC -Führers zum sogenannten „bewaffneten Kampf“ reduziert, überhaupt keine Auseinandersetzung mit dem Hintergrund einer solchen folgenschweren Entscheidung, statt dessen Schnitt auf eben diesen jungen ANC-Aktivisten im Folterkeller: Gerechte Strafe? Parteinahme für die Schwarzen nach diesem Film würde schwer fallen, gäbe es da nicht diesen so vielgeschmähten Cry freedom von Richard Attenborough. Dem gelingt nämlich genau das, was A World Apart nicht einmal versucht, nämlich schwarzes Bewußtsein authentisch darzustellen, es in der Gestalt von Steven Biko personifiziert auch kritisch zu reflektieren. Da mag mann/frau sogar tolerieren, daß 60 Prozent des Films sich mit einer weißen Identifikationsfigur beschäftigen: Was Apartheid und Rassismus bedeuten, wird einem spätestens dann klar, wenn mann/frau Steve Biko aufgebahrt im Leichenkeller sieht und die perversen und zynischen Erklärungen seiner Folterer hört.

A World Apart ein dünner langatmiger Abklatsch von Cry freedom, ein Film der im Gegensatz zu letzterem, mehr schadet als nützt und vor allem langweilt - ärgerlich oder mit taz-Worten: Die Gurke des Jahres!

Lorenz Moosmüller, Roberta Gradl, Oberschleißheim

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