: Vom Nachttisch geräumt: SCHMITT
Zehn bisher unbekannte Briefe Carl Schmitts. Nicht aus seinen Nazijahren, sondern aus den Jahren 1973-1976. Adressat war Hansjörg Viesel. Der hat sie jetzt veröffentlicht, und wir freuen uns darüber. Schmitt antwortet auf die Fragen eines der Herausgeber der Anarchozeitschrift 'Schwarze Protokolle‘. Thema sind die Jahre unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg, als der spätere Rechtsaußen des deutschen Staatsrechts mit Däubler und Hugo Ball, mit Otfried Eberz und Franz Blei diskutierte. Im Zentrum steht die Figur Otto Gross. Schmitts Vorstellung, daß es so etwas wie geheime Texte gibt, in denen eine Epoche sich in einem Aphorismus auf den Begriff bringt, scheint sich mit der Suche des 68ers nach einer verborgenen Tradition aufrührerischer Gedanken getroffen zu haben. Schmitts Angewohnheit, aus einem Buch eine Seite herauszureißen, einen Satz darauf zu unterstreichen und dem Briefpartner mit verschwörerischen Anmerkungen versehen zu schicken, setzt sich in der Art der Publikation seiner Briefe fort. Sie werden ein Gerücht bleiben. Nur einige wenige Auserwählte werden sie haben und werden Stellen wie diese zitieren.
„Die tiefe Unsicherheit gegenüber jedem Außenseiter, jedem Irrationalen, jedem outlaw; sollte uns nochmals passieren was damals - in der Zeitenwende unter Augustus und den Cäsaren, den hochgebildeten Griechen, Römern und Juden passiert ist, nämlich den Träger eines Charisma zu verkennen! So dachten Troeltsch, Weber, im Grunde auch Harnack.“ Und vielleicht auch Schmitt. Oder was war der Grund seiner Hitlerei? Schmitts Briefe sind nur die eine Hälfte des Bändchens. Die andere bilden die Erläuterungen, die einführen ins München der Nachkriegszeit, in dem rechte und linke Gedanken sich faszinierend verbanden.
Hansjörg Viesel, Jawohl, der Schmitt, Verlag der Supportagentur, Hasenheide 54, 1 Berlin 61, 70 Seiten mit zahlreichen s/w Abbildungen, 15,- DM
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