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Staatsanwalt holt grüne Akten ab

In der Parteizentrale der Grünen beschlagnahmt die Staatsanwaltschaft „Wittgenstein„-Aktenordner  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Schwer beladen verließ eine Gruppe von Staatsanwälten gestern vormittag die Bonner Parteizentrale der Grünen.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wegen der Manipulation von Lohnabrechnungen beim Umbau der Parteivilla „Haus Wittgenstein“ wurden mehr als 80 Aktenordner aus dem Zeitraum 1984 bis 87 beschlagnahmt. Zeitgleich durchsuchte die Staatsanwaltschaft auch „Haus Wittgenstein“ selbst in Bornheim bei Bonn.

Grünen-Schatzmeister Hermann Schulz zeigte sich nach der Staats-Aktion gestern gelassen: Da es außer den bereits mit Finanzamt und AOK regulierten Unregelmäßigkeiten keine Beanstandungen gebe, „dürfte das Verfahren sogar zur endlichen Beruhigung der innerparteilichen und der öffentlichen Diskussion beitragen“. Schulz verwies darauf, daß die Revision der Finanzen durch einen vereidigten Wirtschaftsprüfer vor dem Abschluß stehe, aber bedauerlicherweise „die Partei in einer Verfassung“ sei, wo anscheinend nur die Staatsanwaltschaft „ungerechtfertigte Vorwürfe aus der Welt schaffen“ könne.

Mit dem Besuch der Vertreter der Justiz in der Parteizentrale war seit Wochen gerechnet worden, nachdem bereits im September eine Hausdurchsuchung bei dem ehemaligen Rechnungsprüfer Stawitzki stattgefunden hatte. Das Ermittlungsverfahren richtet sich offiziell gegen „die Verantwortlichen des Vermögensverwaltungsvereins“, dem „Haus Wittgenstein“ gehört, und lautet auf „Steuerhinterziehung, Untreue und Verdacht auf Vorenthalt von Arbeitsentgelt“. Der gestrige Durchsuchungsbeschluß wurde unter anderem damit begründet, daß „Belege über geleistete Arbeitsstunden“ gefunden werden sollten.

Auf eine Durchsuchung der Geschäftsstellenräume wurde verzichtet, nachdem die Grünen den Staatsanwälten von sich aus die erschlagende Menge von „Wittgenstein„-Akten präsentierten. Dem Vernehmen nach soll bei der Staatsanwaltschaft noch nicht klar sein, gegen welche Personen überhaupt ermittelt wird: Fortsetzung auf Seite 2

Dem Vermögensverwaltungsverein gehörten über die Jahre diverse jeweils amtierende Vorstandsmitglieder an - ein „verdächtiger“ Personenkreis also, der mit dem jetzigen Vorstand nur zum geringeren Teil identisch ist.

Die Sprecherin des realpolitisch orientierten Landesverbands Baden-Württemberg, Heide Rühle, meinte gestern, eine sofortige Beauftragung der Firma „Treuarbeit“ nach dem Beschluß des Hauptausschusses vor einer Woche hätte die Durchsuchung verhindern können: „Jetzt sind sie uns zuvor gekommen.“ Der Treuarbeits-Beschluß war durch ein Veto des Schatzmeisters aufgeschoben worden - eine von manchen kritisierte Haltung, die bereits vor der Durchsuchung auf die gestrige Tagesordnung des Vorstands gesetzt worden war.

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