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DES „FÜHRERS“ BILDHAUER

■ PAUL WESTHEIM

Der Plastik-Star des Regimes, fast so groß wie Eberlein unterm Wilhelm, ist Josef Thorak. Vor dem deutschen Pavillon der Pariser Weltausstellung standen die aufgepumpten Gummifiguren des 'Pneumothrax' (wie sie ihn in München nennen).

Cafehauspflanze aus dem Romanischen; schmuste sich allenthalben an, auf der Suche nach dem Dummen, dem man einen Plastikauftrag oder auch sonst was enteisen könnte; und endlich hatte er's geschafft, von Hitler entdeckt zu werden: Er wurde Professor an der Münchner Kunstakademie. Wo Kolossalgummipuppen für neue Siegesalleen gebraucht werden (und der Bedarf ist groß), muß Thorak kneten. Damit die Produktion nicht stockt, läßt der „Führer“ jetzt seinem neuen, aus dem Blut und Boden des Romanischen Cafes erwachsenen Phidias ein Monster-Atelier bauen. In Baldham bei München ersteht „das größte Atelier der Welt“, eine Reichsersatzplastikfabrik mit Hebekranen, Elektroantrieb, Tonmisch- und Vergrößerungsmaschinen und sogar mit Gleisanschluß. Tipptopp hat's nun der rationalisierte und motorisierte Michelangelo...

Führend in der Branche, wie Thorak nach dem Umbruch und nach sofortigem Rausschmiß seiner jüdischen Frau geworden war, modellierte er ab '33 nur noch „Führerköpfe“. Das geht, kalkulierte er, damit kommt man ins Geschäft. Nicht nur Hitler modellierte er, nein, auch alle übrigen Führer der Welt, den Duce, Kemal Atatürk, Pilsudski. Da braucht er nicht lange hinzusehen, das macht er aus dem Kopf oder aus der Ansichtskarte. Den so geplastikten Kopf schickt er den pp. Führern durch ihre Berliner Botschafter gratis und franco zu, mit höflichem Begleitschreiben: „Ihrem gefälligen Auftrag gern entgegensehend. Hochachtungsvoll ergebenst...“

Daß er keine Größe des alten Systems war, kommt ihm heute entschieden zugute. Im alten System hat er zwar auch schon großgetan, aber man hat's nie ernstgenommen. Der Führer, zu dem er damals im besonderen aufblickte, war der (Berliner) Oberbürgermeister Böss, der ja ein Herz für Bildhauer hatte und überdies souverän über einen Dispositionsfonds verfügte, den er sich, wie sattsam bekannt, stiften ließ. Damals suchte Thorak den verehrten Herrn Oberbürgermeister für ein gigantisches „Denkmal der Arbeit“ zu begeistern. An die Heerstraße sollte es kommen. 1928 waren die Entwürfe im Kunstsalon Hartberg ausgestellt. Und Schwein muß der Mensch haben: noch ehe es zum Abschluß des Geschäftes kam, war Böss, infolge unvorhergesehener Umstände, nicht mehr in der Lage, Aufträge zu erteilen. So kann Hitler jetzt das „Denkmal der Arbeit“ bekommen, fabrikneu und zeitgemäß aufgearbeitet. Es ist nun das „Denkmal der Autostraßenarbeit“ und kommt an die Autostraße, kurz vor Salzburg. In der 'Berliner Illustrierten' vom 8. Dezember kann man den Entwurf sehen. Vier Kerle wälzen einen Steinblock (als ob es keine Kräne gebe!).

Paul Westheim war der Herausgeber des 1917 bis 1933 in Berlin verlegten 'Kunstblattes'. Sein Artikel über Josef Thorak, den Bildhauer des Naziregimes, erschien 1939 in der Exilzeitschrift 'Die neue Weltbühne', verlegt in London, Zürich und Paris.

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