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DIE POLITISIERTE HAUSFRAU

■ Eröffnung der „Traumfabrik“ in Schöneberg

Von 11 Uhr vormittags bis 11 Uhr nachts feierte die „Traumfabrik“ ihre Eröffnung. Susanne Kornblum hatte noch die Müdigkeit vom Teppichverlegen in den Knochen, als das Fest in einer umgebauten früheren Schlosserei in der Großgörschenstraße 35 losging.

Medienarbeit mit Hausfrauen zum Beispiel mache ihr besonderes Vergnügen, erzählte mir Elke Stolzenburg, die zweite Pädagogin neben Susanne, die sich mit der „Traumfabrik“ einen eigenen Arbeitsplatz beschafft hat. Auf mein verdutztes Gesicht hin liefert sie mir zur Illustration einen der Höhepunkte ihrer bisherigen medienpädagogischen Arbeit. In der norddeutschen Kleinstadt Aurich erfuhren 1986 Hausfrauen, mit denen sie gerade einen Videokurs machte, von dem Babystrich in ihrer Stadt und wollten das Problem öffentlich mit einem gemeinsamen Video angehen. Sie mußten sich mit dem Konflikt auseinandersetzen, zu dokumentieren ohne zu denunzieren; der Anspruch der Authentizität, der den öffentlich-rechtlichen Programmen oft seine Pseudo -Objektivität verleiht, wurde angekratzt. Die Frauen lernten, das Medium für die Aussage, die ihnen wichtig war, zu manipulieren. Heraus kam ein Drei-Minuten-Schocker über den Babystrich: Skandal in Aurich. Die Hausfrauen fanden sich etwas unerwartet im Mittelpunkt einer politischen Diskussion wieder.

Mit dieser Geschichte wollte Elke auch demonstrieren, daß eine medienkritische Arbeit erst dann stattfinden kann, wenn die Teilnehmer an einem Kurs inhaltlich motiviert sind. Nun wollen sie von der „Traumfabrik“ aus keine Themen vorschlagen, sondern auf die Anfragen interessierter Gruppen, die mit einem bestimmten sozialen oder künstlerischen Anliegen an die Öffentlichkeit wollen, warten. Sie wollen dann über Finanzierungsmöglichkeiten beraten, die Zielgruppe und das dafür am besten geeignete Medium herausfinden und schließlich Ausdrucksformen und Techniken der Mediensprachen vermitteln. Sie bieten Kurse in Super-8, 16mm-Film, Video, Foto und Computerkommunikation an. Vermietung und Geräteverleih sehen sie nur als finanzielles Notprogramm vor.

Gegründet wurde die „Traumfabrik“ vom Verein zur Förderung der Jugend und Erwachsenenbildung JEB e.V., dem auch die beiden Betreiberinnen, Elke und Susanne, angehören. Für den Umbau der Etage und Ausbau eines kleinen Tonstudios, Büros und Veranstaltungsraumes haben sie ihre Kredite erschöpft. Ob sie sich, wie sie hoffen, über ihre zukünftigen Projekte finanzieren können, erscheint mir fraglich.

Katrin Bettina Müller

„Traumfabrik“, Großgörschenstraße 35, 1-62, Telefon 2157644, dienstags 18 bis 21 Uhr, freitags 10 bis 13 Uhr.

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