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Lehrerunruhe für Arbeitszeitverkürzung

■ Lehrer demonstrierten für klare Entscheidung der Ministerpräsidententagung / Laurien bietet Arbeitszeitverkürzung, ohne die geforderten Stellen zu schaffen

Rund 2.000 Berliner LehrerInnen forderten gestern auf einer zentralen Kundgebung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor dem Schöneberger Rathaus die Gleichbehandlung bei der Arbeitszeitverkürzung im Öffentlichen Dienst.

Anlaß für die Proteste in West-Berlin und anderen Bundesländern war die gestern in Berlin begonnene Jahrestagung der Ministerpräsidenten, die das Thema voraussichtlich erneut vertagen wird. Der GEW-Vorsitzende Dieter Wunder forderte indes eine Entscheidung für das kommende Schuljahr und kündigte für den Fall einer Verschiebung des Themas weitere „Unruhe in den Schulen“ an: „Wer jetzt keine klaren Entscheidungen trifft, der riskiert zum Schuljahresbeginn 1989 ein Chaos in der Lehrerversorgung.“

Wovon bundesdeutsche LehrerInnen bislang nur träumen können, soll allerdings für Berlins PädagogInnen schon im nächsten Schuljahr Wirklichkeit werden: Vor einer Woche erklärte der Senat verbindlich, die LehrerInnenarbeitszeit um eine Stunde pro Woche zu verkürzen. Das Wahlgeschenk der Schulsenatorin Hanna-Renate Laurien sorgte jedoch bereits von Beginn an für heftige Kontroversen.

Da die Senatorin nicht nur ihren LehrerInnen, sondern - zur Finanzierung ihrer Pläne - kurzerhand auch Berlins SchülerInnen eine Arbeitsentlastung verordnete, übte die GEW scharfe Kritik an der geplanten Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung. Statt der geforderten 700 neuen Stellen werden nun durch Kürzungen der Stundentafel lediglich 150 bis 190 geschaffen.

„Diese Art der Finanzierung ist eine Brüskierung der Beschäftigten und ein schlichter Betrug an den arbeitslosen Lehrern“, erklärte der Vorsitzende der GEW Berlin, Boris Fahlbusch, „denn wir haben durch einen extrem niedrigen Tarifabschluß die Stellen vorfinanziert, die nun nicht geschaffen werden sollen.“

Auch die Verkürzung der Stundentafel stößt auf den erbitterten Widerstand der PädagogInnen, die sich gegen die Vermischung bildungs- und finanzpolitischer Argumente sträuben.

„Natürlich ist die Stundentafel nicht unantastbar“, erklärte eine Lehrerin, „aber bevor Stunden gestrichen werden, muß eine Diskussion über pädagogische Inhalte geführt werden.“

Und die vermissen die PädagogInnen bislang. An dem Maßnahmenkatalog, den die Schulsenatorin inzwischen zur Diskussion vorlegte, kritisieren sie vor allem eine überproportionale Belastung der Gesamtschulen.

Hier sollen Stunden im Kernbereich, in dem die SchülerInnen im geschlossenen Klassenverband unterrichtet werden, wegfallen. „Völlig unzumutbar“, so die Meinung der LehrerInnen.

Christine Dankbar

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