Kohl stürmt die Gulags

■ UdSSR will alle Gefangenen freilassen, die vom Westen als politische Häftlinge bezeichnet werden / Kanzler lobt „faires und menschliches Klima“ in Moskau

Moskau (dpa/taz) - Die Sowjetunion will alle Gefangenen bis Ende des Jahres freilassen, „die vom Westen als politische Häftlinge angesehen werden“. Das gab Bundeskanzler Kohl auf einer Pressekonferenz gestern nachmittag in Moskau bekannt. Wenn nun die Sowjetunion auch noch aufhörte, westliche Rundfunksender zu stören, und eine großzügigere Ausreise und Besuchsregelung für Sowjetbürger zuließe, stünde der internationalen Menschenrechtskonferenz in Moskau - die für Ende des Jahres geplant ist - nichts mehr im Wege, sagte der Kanzler. Außenminister Genscher gab bekannt, daß der sowjetischen Regierung von westlichen Ländern verschiedene Namenslisten von Gefangenen übergeben worden waren.

Kohl zeigte sich von dem „außerordentlich offenen, außerordentlich fairen und außerordentlich menschlichen Klima“ der Gespräche mit der sowjetischen Führung sehr angetan. Wenn Gorbatschow Anfang des Jahres nach Bonn kommt, soll als Grundlage beider Besuche ein gemeinsames Dokument über die weitere Zusammenarbeit erstellt werden, kündigte er an. Ferner soll - zur Freude der Wirtschaftsunternehmen ein Investitionsschutzabkommen bis zum Zeitpunkt des Besuchs unterschriftsreif sein, um deutschen Investitionen in der UdSSR auf die Sprünge zu helfen. Auch bei der Abrüstung wolle man gemeinsam vorwärtskommen, betonte der Kanzler. Es werde geplant, die KSZE-Folgekonferenz mit einem Mandat abzuschließen, das Abrüstungsverhandlungen im konventionellen Bereich vorsieht. Weiterhin will die BRD den Vorschlag Gorbatschows, ein europäisches Gipfeltreffen unter Einschluß der USA und Kanadas abzuhalten, unterstützen.

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