: Amerika, du hast es besser
■ 200 Jahre Geschichte der Auswanderung als Mahnung für die Gegenwart: In Bremerhaven ist die Ausstellung „Bremen und Bremerhaven als Auswandererhäfen“ zu sehen.
Der Förderverein „Deutsches Auswanderermuseum“ in Bremerhaven zeigt seine diesjährige Ausstellung „Bremen und Bremerhaven als Auswanderungshäfen“ in der Bürgermeister -Schmidt-Gedächtniskirche. Bei der Eröffnung am Montagabend gratulierte Senator Henning Scherff zu dem „couragierten Versuch“, diesen Teil Bremer Geschichte darzustellen und sprach im Blick auf das gegenwärtige Schicksal von Millionen Flüchtlingen die Hoffnung aus, daß jeder die Möglichkeit erhalte, „dort zu bleiben, wo er möchte und nicht Gegenstand der Ausbeutung zu sein“.
Die Ausstellung zeigt auf 30 Text- und Bildtafeln den Verlauf der Wanderungswellen vom Beginn des 19. Jahrhunderts über den Höhepunkt um die Jahrhundertwende bis zum letzten Aus
wandererboom unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg. Dr. Agnes Bretting, Mitautorin der Begleitbroschüre, machte deutlich, worum es in der Ausstellung nicht geht: um ein nostalgisch-romantisierendes Bild der Auswanderung.
Für die wirtschaftliche Entwicklung Bremens und Bremerhavens, die sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zum bedeutensten europäischen Einschiffungshafen entwickelt hatten, war das Geschäft mit den Auswanderern von zentraler Bedeutung, weshalb es auch frühzeitig Sozialgesetzte und Einrichtungen zum Schutz der Auswanderer gab. Als Mitte des letzten Jahrhunderts die Dampfschiffahrt den Segel-Verkehr ablöste, verkürzte sich nicht nur die Reisedauer (von 70 auf 10 Tage), sondern auch die Wartezeit im Hafen. Das hatte für Bre
merhaven fatale Folgen, denn die wenigen Warte-Tage verbrachten die Auswanderer in Bremen.
In den letzten zwei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurde Bremen zum bedeutensten Auswandererhafen für Menschen aus Ost-und Südosteuropa. Der Transport der „Transit-Wanderer“ von den Kontrollstationen an der (polnischen) Grenze, wo sie gewaschen und desinfiziert wurden, war perfekt organisiert.
Im Verlauf der 20er Jahre nimmt die Auswanderung nach Amerika allmählich ab, bis 1933 die jüdische Emigration beginnt, und die Flucht politisch Verfolgter. Nach dem 2. Weltkrieg erhielt Bremen ein letztesmal Bedeutung als Auswandererhafen, als eine halbe Million „displaced persons“ von hier aus Europa verließen.
hh
bis 12.11., täglich 10-18
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