: Schwarze am Kap stimmen gegen Reformpolitik
Bei den Kommunalwahlen in Südafrika konnte die „Nationale Partei“ von Außenminister Roloef Botha ihre Vormachtstellung in Johannesburg festigen / Nur rund 6,3 Prozent der wahlberechtigten Schwarzen nahmen an der Stimmabgabe teil ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
„Die Schwarzen, die hier eingezogen sind, haben einfach eine andere Kultur.“ Hein Nortje, Mitglied der rechtsextremen „Konservativen Partei“ (CP), lehnt sich allwissend in seinem Sessel zurück. „Ich meine, überall ist Dreck und aus jeder Mauer wird gleich ein Pissoir.“ Nortje lebt seit Jahren in Hillbrow. Seit das Gebiet nördlich der Johannesburger Innenstadt zum „grauen Gebiet“ geworden ist, seit dort illegal mehr Schwarze als Weiße leben, fühlt er sich nicht mehr wohl. Deshalb hat er in der Kommunalwahl am Mittwoch für die CP gestimmt, die die strikte Rassentrennung wieder einführen will.
Nortje wird sich mit den schwarzen Nachbarn abfinden müssen. Die regierende „Nationale Partei“ (NP) hat Hillbrow und ganz Johannesburg für sich gewonnen. „Das ist der beste Augenblick meines Lebens“, sagte Außenminister Roelof Botha, NP-Führer in Johannesburg, als das Resultat bekannt wurde. Die NP kontrolliert nun 26 der 51 Wahlkreise in Johannesburg, die CP vier, unabhängige Kandidaten, die der NP nahe stehen, drei Wahlkreise und die liberale „Progressive Föderalpartei“ 18.
Das Resultat in Johannesburg ist bezeichnend. In den bevölkerungsreichen weißen Großstädten, mit Ausnahme von Kapstadt und Durban, hat die NP ihre Vormachstellung festigen können. Nur in Pretoria, der Hauptstadt, kam die CP fast an die Macht: CP 19 Mandate, NP 22 und ein unabhängiger Kandidat. Die CP behauptete am Mittwoch nachmittag zwar, in 63 von 105 Stadträten in der Transvaal-Provinz die Kontrolle übernommen zu haben. Aber dabei handelt es sich um kleine Städte auf dem Lande, wo die CP schon bei den Parlamentswahlen im Mai 1987 Gewinne verzeichnen könnte. Aus dem ländlichen Ghetto konnten die Ultrarechten nicht ausbrechen.
Das Wahlergebnis unter Weißen bestätigt den Trend der letzten Jahre. Die letzten Kommunalwahlen für Weiße 1982 wurden nicht nach parteipolitischem Muster ausgetragen. Ohnehin war die CP gerade erst enstanden und konnte sich also noch nicht mit voller Kraft beteiligen. Die CP-Erfolge am Mittwoch bedeuten lediglich eine Festschreibung der derzeitigen Machtverhältnisse in der weißen Politik. Weiße Wähler sind nach rechts gerückt, mit Gewinnen für die CP und NP und Verlusten bei den liberalen Parteien. Für die Regierung bedeutet das einen Erfolg. Sie sieht ihre Politik der vorsichtigen Reformen der Apartheid bestätigt. Das Ergebnis sei „eine Ermutigung dazu, auf dem Weg der Reformen fortzuschreiten,“ sagte Botha.
Die schwarze Bevölkerung hat der Reformpolitik andererseits eine unzweideutige Absage gegeben. In Soweto wählten 11,5 Prozent der registrierten Wähler. Doch nicht alle wahlberechtigten Einwohner der Millionenstadt hatten sich überhaupt registrieren lassen. Tatsächlich beteiligten sich nur 2,8 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an der Wahl.
Es gibt etwa 30 Millionen Schwarze in Südafrika. Nur etwa zwölf Millionen leben im „weißen“ Südafrika. Der Rest wird den zehn autonomen Homelands zugeordnet, die an diesen Wahlen gar nicht beteiligt waren. So spielten Zulu-Chef Mangosuthu Buthelzi und seine Inkatha-Organisation keine Rolle in diesen Wahlen.
Von den zwölf Millionen Schwarzen sind etwa 40 Prozent, also 4,8 Millionen, alt genug, um zu wählen. Aber nur 2,5 Millionen ließen sich registrieren. In weniger als der Hälfte der 2.733 für Schwarze reservierten Wahlkreisen wurde mehr als ein Kandidat aufgestellt. In 138 sogar gar kein Kandidat. So hatten nur 1,5 Millionen registrierte schwarze Wähler überhaupt die Möglichkeit, zu wählen. Offiziell gaben etwa 20 Prozent dieser Wähler eine Stimme ab, also gut 300.000. Das sind etwa 6,3 Prozent der wahlberechtigen Schwarzen - außerhalb der Homelands.
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