: „Kessel-Willi“ bleibt Senator
Berliner Innensenator Wilhelm Kewenig übersteht erwartungsgemäß gestellte Mißtrauensanträge / Nur ein FDPler votierte gegen ihn / Schnellverfahren gegen Staatsschützer? / Einschleusung von EblT-Beamten bestätigt ■ Aus Berlin Rita Hermanns
Nur ein FDP-Abgeordneter stimmte gestern für den Mißtrauensantrag gegen Berlins Innensenator Kewenig (CDU). Die restlichen 139 anwesenden VolksvertreterInnen verhielten sich bei der namentlichen Abstimmung so, wie es ihre Fraktionen von ihnen erwartet hatten. Mit 61 Ja-Stimmen zu 79 Nein-Stimmen war damit die Mißtrauensanträge von SPD und AL abgelehnt. Zum Sturz Kewenigs wären 73 Stimmen erforderlich gewesen. Die Abwahlanträge waren mit dem Vorgehen der Polizei gegen DemonstrantInnen und JournalistInnen während der IWF-Tagung und mit den Äußerungen des Innensenators zur Pressefreiheit begründet worden. Die AL hatte bereits im letzten Sommer nach dem Besuch von Ronald Reagan erfolglos versucht, Wilhelm Kewenig abwählen zu lassen.
In der Abgeordnetenhaussitzung bestätigte der Innensenator, daß Beamte der Polizeisondereinheit EbLT vor der IWF-Tagung als verdeckte Ermittler in die Kreuzberger Szene eingeschleust worden waren. Gegen zwei Polizeibeamte in Zivil sind Ermittlungsverfahren wegen ihres Verhaltens während der IWF-Tagung eingeleitet worden. Den Einwand der AL, daß es nach alliiertem Recht in Berlin keine Geheimpolizei geben dürfe, tat Kewenig mit einer Interpretation ab: Da die US-Polizei in ihrem Land genauso vorgehe, könne es nicht alliierter Wille sein, dies in Berlin zu verhindern. Ein lapidares „Nein“ war die Antwort auf die Frage, ob bei den Demonstrationen während der Weltbank-Tagung ein steinewerfender Polizist in Zivil zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden sei. Daß gegen den Staatsanwalt bei diesem Schnellverfahren Ermittlungen wegen der Weitergabe von Informationen eingeleitet worden sind, war dem Senator „nicht bekannt“. Nicht ausgeschlossen ist nach der wenig erschöpfenden Antwort, daß es sich bei dem Steinewerfer nicht um einen Polizisten, sondern um einen Verfassungsschutzbeamten handeln könnte.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen