: Sieg der Öffentlichkeit
■ Die Tornado-Finanzierung ist abgestürzt
Knapp eine Woche nach der ersten Veröffentlichung in dieser Zeitung ist es soweit: Vor der Bundespressekonferenz mußte Finanzminister Stoltenberg gestern den endgültigen Rückzug der Bundesregierung aus der Finanzierung des Tornado –Geschäfts mit Jordanien verkünden. Selbst wenn die Tornados letztlich doch in Amman landen sollten, die erzwungene Kehrtwende von Stoltenberg und Co. ist ein eindeutiger Sieg der Öffentlichkeit. Der Erfolg ist um so höher zu bewerten, als es schwerfallen dürfte, einen vergleichbaren Fall wiederzufinden. Wann jemals mußte eine Bundesregierung innerhalb von nur fünf Tagen einen bereits gefällten Beschluß des Bundessicherheitsrates wieder zurücknehmen? Wann jemals waren auch deutsche Geschäftsbanken so schnell bereit, auf ein Geschäft mit einem Volumen von 360 Millionen DM zu verzichten?
Offenbar hat die Nachricht über den Tornado-Kredit einen Nerv getroffen, den die die christlich-liberale Regierungsspitze schon für amputiert gehalten hat. Wenn nur der Große Bruder in Washington grünes Licht gibt, könne kein gutgläubiger Mensch mehr was dagegen haben, meinte man wohl in Bonn und stellte einen Teil der finanziellen Mittel zur Verfügung, die Jordanien den Kauf des Angriffsbombers ermöglichen sollten.
Daß Waffenexporte in den Nahen Osten, zumal an ein Land, das sich mit Israel noch im Kriegszustand befindet, in Deutschland eine nicht zu ignorierende moralische Dimension haben, scheint Stoltenberg und seinem Kanzler entfallen zu sein. Es ist ein Hoffnungsschimmer, daß eine breite Öffentlichkeit und eine genügend große Anzahl von Abgeordneten das Kohl-Kabinett daran erinnert haben. Noch besteht bei Waffenexporten das Problem offenbar nicht nur darin, wie die eigenen Gesetze am geschicktesten zu umgehen sind.
Die Freude über den Erfolg sollte allerdings nicht den Blick für die Realitäten trüben. Großbritannien ist nach wie vor fest entschlossen, die zu 40 Prozent vom bundesdeutschen Staatskonzern MBB gefertigten Tornados nach Jordanien zu liefern – auch ohne deutsche Kredite. Nähme die Bundesregierung das Votum von Öffentlichkeit und Parlament ernst, müßte sie spätestens jetzt ihren Einfluß geltend machen, um den Export von mit deutscher Beteiligung produziertem Kriegsgerät in Spannungsgebiete tatsächlich zu verhindern. Doch davon ist sie weit entfernt. Scheinheilig verschanzt sie sich hinter Kooperationsverträge mit Großbritannien und Italien, die ihr angeblich die Hände binden. Damit weist die Regierung den Abgeordneten, die sich in den letzten Tagen so zahlreich empört haben, den richtigen Weg: Verträge können geändert werden. Politische Glaubwürdigkeit hat ihren Preis.
Jürgen Gottschlich
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