Gedächtnisläufer

■ Friedenslauf zum Gedenken an Werner Seelenbinder

Über 600 LäuferInnen nahmen am Samstag am „Werner -Seelenbinder-Gedächtnislauf“ mit anschließender Kundgebung im Neuköllner Stadion teil. Seelenbinder war nicht nur sechsfacher Deutscher Meister im Ringen und Olympiateilnehmer 1936, sondern auch aktiver Antifaschist. Das KPD-Mitglied konnte, dank seiner Prominenz, noch bis in die vierziger Jahre hinein heimlich Kurierdienste für den kommunistischen Widerstand im Untergrund leisten, bis er 1942 verhaftet und zwei Jahre später hingerichtet wurde.

1945 erhielt das Neuköllner Stadion Werner Seelenbinders Namen. Obwohl keine offizielle Umbenennung stattfand, verschwand der Namen im Zuge des „Kalten Krieges“ wieder aus den Stadtplänen und dem öffentlichen Bewußtsein, Seelenbinders Grab- und Gedenkstätte auf dem Stadiongelände verkam und verwilderte.

Der Arbeitskreis „Neuköllner Stadion Werner Seelenbinder“ bemüht sich, den Namen zu rehabilitieren. Die „Sportler für den Frieden“ wollen wissen, ob es im West-Berlin von heute möglich ist, einen Antifaschisten zu würdigen, der Kommunist war. Aber Bezirksstadtrat Bielka (SPD) tut sich mit solch unbequemen Vorbildern schwer: Nur die im Stadion gelegene Radrennbahn trage Seelenbinders Namen. Da seit 1956 hier keine Veranstaltungen mehr stattgefunden hätten, sei der Name nicht mehr aufgetaucht.

Der Arbeitskreis, der sich außerdem zum Ziel gesetzt hat, Sport als aktive Friedensarbeit zur Völkerverständigung zu fördern, wird von Weltklassesportlern aus Ost und West unterstützt. Spitzenläufer H.J. Kemper (SPD) versteht sich als Teil der Friedensbewegung. Sport und Politik seien nun einmal nicht zu trennen, es komme darauf an, eine menschenfreundliche Sportpolitik zu betreiben. Die Friedensbewegung sei daher immer Teil der politischen Opposition in Ost und West. So bedauere er insbesondere die Unterdrückung kirchlicher Gruppen in der DDR.

Werner Seelenbinders Bruder Erich, der in Ost-Berlin lebt und vom Arbeitskreis eingeladen wurde, konnte leider nicht an der Kundgebung teilnehmen. Sein Paß sei nicht in Ordnung, hieß es.

Charlie Heuser