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Streit um Galinski-Rede „beschämend“

■ Kritik an der Nichteinladung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland zur Gedenkstunde des Bundestages zur Pogromnacht / In der DDR-Volkskammer ist er willkommen

Berlin (dpa/taz) - Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski, hat am Wochenende zu dem Streit Stellung genommen, der um die Gestaltung der Gedenkstunde des Bundestages anläßlich des 50.Jahrestages der Judenpogrome entbrannt ist. Wie berichtet war am Freitag der Antrag der Grünen, Galinski zu einer Rede vor dem Bundestag zu bitten, unter Hinweis auf formale Gründe abgelehnt worden. Gegenüber der Nachrichtenagentur 'dpa‘ nannte Galinski diesen Streit „schlimm für meine Person. Ich finde diese Diskussionen beschämend.“

Gleichzeitig stellte Galinski klar, daß er „zu keinem Zeitpunkt an irgendeine Organisation oder Partei“ herangetreten sei, um sich am 10.November „zu einem Rederecht zu verhelfen“. Einer entsprechenden Einladung oder einer Bitte des Bundestages oder seines Präsidenten wäre er jedoch nachgekommen. Die Abgeordnete der Grünen, Antje Vollmer, die sich u.a. um die Einladung Galinskis bemüht hatte, erklärte dazu, eine Rede Galinski bei der Gedenkstunde sei für sie „selbstverständlich, würdevoll und von großer Aussagekraft“. Auf ihren Antrag hätten die Grünen und Galinski „keine einzige politische Antwort erhalten“.

Bestürzt äußerte sich auch der Berliner FDP -Bundestagsabgeordnete Wolfgang Lüder über das Verhalten des Bundestags. In einem Brief an Galinski, den höchsten Repräsenten der Juden in der Bundesrepublik, drückte Lüder sein Bedauern aus, daß der Bundestag offenbar eine Rede Galinskis anläßlich dieses Datums nicht hören wollte. Lüder wörtlich: „Ich schäme mich für dieses Unfähigkeit.“ In einem Brief an den Bundestagspräsidenten Jenninger bat der FDP -Mann aus diesem Grunde auch, die Anwesenheitspflicht für die Parlamentarier für die Gedenkstunde aufzuheben.

Dem Vernehmen nach soll sich insbesondere der Bundestagspräsident gegen eine Einladung des Vertreters der Juden ausgesprochen haben und sogar mit seinem Rücktritt gedroht haben, falls er bei dieser Entscheidung überstimmt würde. Während nach der Entscheidung des Bundestagspräsidiums vom vergangenen Freitag Galinski im Bonner Parlament fehlen wird, läßt es sich die Volkskammer der DDR nicht nehmen, ihn bei ihrer Feierstunde am 8.November in Ost-Berlin als Gast zu empfangen. Kommentar auf Seite 4

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