piwik no script img

Arbeitsamt ist pleite

■ Das Arbeitsamt zahlt keine Überbrückungsbeihilfe mehr / Hilfesuchende müssen Anspruch einklagen / Arbeitsamt hält Beihilfe für „Kann„-Leistung

Wer arbeitslos war und dieser Tage seinen neuen Job antritt, muß zusehen, wie er einen Monat lang ohne Geld auskommt. Das Arbeitsamt ist pleite und hat deswegen die Zahlung von Übergangshilfe, die als Darlehen gewährt wird, eingestellt. Bedürftige, so hieß es von Seiten des Amtes, müßten sich an die Sozialämter wenden. Doch die denken nicht daran, fürs Arbeitsamt in die Bresche zu springen und raten, den Anspruch beim Sozialgericht per Einstweiliger Anordnung einzuklagen. Seit Freitag also sind die Wartebänke im Sozialgericht voll und die Richter müssen Überstunden schieben.

Etwa 30 bis 50 AntragstellerInnen haben sich seit Freitag an das Sozialgericht gewandt. In der Regel wird ihrem Wunsch nach Einstweiliger Anordnung entsprochen. Dem Arbeitsamt bleibt dann nichts anderes übrig, als die Überbrückungsbeihilfe zu bezahlen. Die Beihilfe soll Notlagen überbrücken die entstehen, wenn das Arbeitslosengeld ausläuft, Gehalt oder Lohn aber erst zum Monatsende aufs Konto kommt. Doch das Arbeitsamt will, so Sprecher Fitzner, auf jeden Fall alle Rechtsmittel dagegen ausschöpfen. Nach Auffassung des Landesarbeitsamtes und auch der Bundesanstalt für Arbeit handelt es sich nämlich bei der Überbrückungsbeihilfe um eine „Kann„-Bestimmung. Das Amt sei also nicht verpflichtet, es zu zahlen, sondern könne nach Ermessen handeln. Als man in Nürnberg gemerkt habe, daß das Geld für diesen Haushaltstitel zur Neige geht, habe man die Landesarbeitsämter vorsorglich angewiesen, ab 26. Oktober keine Überbrückungsbeihilfe mehr auszuzahlen, sagte gestern der Sprecher der Bundesanstalt, Mann.

Beim Sozialgericht ist man über diese Auslegung des „Ermessens“ der Arbeitsämter anderer Meinung. Das Ermessen müsse sich auf die Situation der Hilfesuchenden beziehen, die Finanzlage der Bundesanstalt könne nicht ausschlaggebend sein, hieß es aus Richterkreisen. Den Einstweiligen Anordnungen wird deswegen auch in der Regel stattgegeben.

bf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen