BESCHERUNGSTOUR

Alle Jahre wieder ziehen sie durch Berliner Familien: weißbärtige Gesellen in roten Kutten. Ob mit dem Fahrrad, trampend oder mit dem eigenen Auto: sie klappern am Heiligabend bis zu 15 Familien ab und bescheren große und kleine Kinder. Die studentische Arbeitsvermittlung der FU „Heinzelmännchen“ beschafft seit 40 Jahren Weihnachtsmänner. Für das Weihnachtsmann-Referat Grund genug, Bilanz zu ziehen.

Denn obwohl niemand mehr an den Weihnachtsmann glaubt, wollen immer mehr Familien, in diesem Jahr voraussichtlich 4.500, von den „Heinzelmännchen“ bedient werden. Sie sollen nicht nur kleine Kinder unter dem Weihnachtsbaum überraschen, sondern müssen auch Erwachsenen bei Weihnachtsfeiern Ehrfurcht enflößen. Waren es im ersten Jahr elf „Knecht Ruprechts“ und 1982 nur rund 450 Auftritte, gehen 1988 etwa 350 Studenten auf „Bescherungstour“.

Uwe Salomon schnallt sich am 24. Dezember nun schon im fünften Jahr den weißen Bart um. In einigen Familien hat er das Gefühl, eher den Eltern als den Kindern eine Freude zu bereiten. Viele ältere Kids fänden seinen Auftritt albern. Ebenso unterschiedlich wie seine „Kunden“ sind auch die Geschenke. Manchmal liegt die ganze Treppe voll, manchmal gibt es nur Kleinigkeiten.

Beliebt ist der Weihnachtsjob bei den Studenten allemal. 28 Mark plus Trinkgeld gibt es für einen Besuch: bis zu 400 Mark am Heiligabend. Doch nicht jeder bekommt den begehrten Job. Nur wer dem männlichen Geschlecht angehört, seine Steuern bezahlt hat und eine Quittung für das 64 Mark teure Weihnachtsmann-Outfit vorlegt, wird vermittelt. „Nur so können wir sicher sein, daß ein Student nicht im Morgenmantel erscheint“, so Gabriel Maasberg, Leiter des Weihnachtsmann-Referats.

Silke Kluckert