: BRD-Polizeihilfe produziert Arbeitslose
Guatemala hat kein Geld mehr für seine in der Bundesrepublik ausgebildeten Polizisten / Die 1986 mühsam begründete Polizeihilfe für den mittelamerikanischen Staat läuft trotzdem weiter / Ausbau der Polizei sorgte für Unruhe in der Armee ■ Von Ralf Leonhard
Managua (taz) - Die guatemaltekischen Polizeischüler, die derzeit in der Bundesrepublik polizeiliche „Ermittlungstechniken“ studieren, werden nach ihrer Rückkehr kein „demokratisches“ Gegengewicht zur Armee bilden, sondern arbeitslos sein. Oder sie gehen zur Armee. Mit der Stärkung von demokratischen Strukturen und Effektivität der Verbrechensbekämpfung hatte die Bundesregierung 1986 diese Polizei-Entwicklungshilfe begründet. Somitist die Vertragsgrundlage für das deutsch-guatemaltekische Abkommen hinfällig. Dasselbe Schicksal hat schon 25 Kollegen ereilt, die vor kurzem von einem Lehrgang der Akademie der Guardia Civil im spanischen Avila zurückgekehrt sind. Sie hätten als Ausbilder an der guatemaltekischen Polizeischule eingesetzt werden sollen. Das Budget für dieses Programm ist aber inzwischen gestrichen worden. Seit dem Putschversuch vom 11.Mai ist das Innenministerium zugunsten einer Ausweitung des Verteidigungsbudgets empfindlich beschnitten worden.
Daß die 25 Stipendiaten, die in Polizeischulen der Bundesrepublik studieren, in der Nationalpolizei keine Verwendung finden werden, ist kürzlich von Innenminister Roberto Valle Valdizan bestätigt worden. Das hindert die Bonner Regierung jedoch offensichtlich nicht, ihren vertraglichen Verpflichtungen mit preußischer Präzision nachzukommen. Erst Ende Oktober haben drei westdeutsche Polizeioffiziere in Guatemala ein fünfwöchiges Seminar über Beweisaufnahme und Zeugenvernehmung für 40 Polizisten beendet. Anschließend übergaben sie feierlich in Anwesenheit von Polizeigeneralinspektor Cifuentes und Botschafter Peter Bensch eine Anzahl von Köfferchen für Spurensicherung und Fotografie. Der ehemalige Innenminister Juan Jose Rodil Peralta hatte in Bonn, Madrid und Caracas für seine Pläne Gehör gefunden, die Polizei zu einem „demokratischen“ Gegengewicht zur Armee auszubauen. Die Streitkräfte, die die Guerilla zurückdrängen konnten, nachdem sieZigtausende Campesinos massakriert hatten, betrachten sich als Sieger im Krieg gegen die „Subversion“ und halten eine Säuberung in ihren Reihen nicht für notwendig. Spanische Funkgeräte, deutsche BMW- Motorräder, Mercedes- und VW- Streifenwagen konnten zwar das Selbstbewußtsein der Polizei heben, nicht aber deren Erfolgsquote bei der Verbrechensbekämpfung in der Stadt. Gegenwärtig fallen in Guatemala täglich zehn Personen der Gewalt zum Opfer. Die wenigen erfolgreichen Kampagnen gegen die Kriminalität gehen auf das Konto der Militärs.
Der Ausbau der Polizei ist einer der Gründe gewesen, der bei der Armee Unruhe ausgelöst und schließlich zur Militärerhebung vom 11.Mai geführt hatten. Bei den anschließenden Verhandlungen mußte Präsident Cerezo seinen Innenminister Rodil und den Polizeichef Caballeros opfern. Der Sicherheitsetat mußte empfindlich gestutzt werden während die Verteidigungsausgaben von 22 auf 32 Prozent des Haushalts hochschossen. Caballeros hatte sich mit der Guardia de Hacienda angelegt, als er aufdeckte, daß Agenten dieser Truppe zu einer Kidnapperbande gehörten. Doch die Beschuldigten wurden ohne weitere Untersuchungen auf freien Fuß gesetzt, als im Juli der Untersuchungsrichter Treos entführt wurde. Und das Verfahren gegen Oscar Diaz Urquizu, den Chef der Guardia de Hacienda, ist schließlich Ende Oktober stillschweigend eingestellt worden.
Unter den Militärregimes unterstanden alle „Sicherheitstruppen“ direkt dem Verteidigungsministerium. Eine der entscheidenden Reformen der Zivilregierung unter Vinicio Cerezo war denn auch die Trennung von Armee und Polizei. Seit 11.August besteht diese Trennung nicht mehr. Damals wurde das sogenannte „Zivilschutzsystem“ (SIPROCI) geschaffen. Damit wurde legalisiert, was nach dem Putschversuch im Mai ohnehin bereits Praxis war. Unter der Leitung des Verteidigungsministers werden die verschiedenen Armee- Einheiten und die Sicherheitskörper, inklusive der Präsidentengarde, koordiniert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen