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Mit dem Kopf durch die Wand

Ich werde beobachtet, nicht allein von einem Psychiater, auch von mir selbst. Ich kann den ganzen Tag nicht auf einen Namen kommen, auf den Namen meines Urgroßvaters, der Scheik in Bagdad war. Dieser Zustand ist unsäglich unerträglich, als ob man gähnen muß und kann nicht, als ob man eine Posaune blasen muß und findet die Öffnung nicht.

Ich war schon überall, wo irgend etwas von Asien zu spüren ist. Auch im orientalischen Seminar war ich beim Rektor, der dachte freundlich über den Namen meines ehrwürdigen Urherrn nach, und alle seine Schüler taten das, und Schülerschüler, Muselmänner, Chinesen, Japaner, Studenten aus Vampur, Koreaner, Sudanesen, auch die beiden Söhne einer Kaffernfamilie dachten und denken wahrscheinlich jetzt noch nach.

So viele Geschwister, die sprachen wie meine Brüder und Schwestern und waren schön, und oben am Tischanfang trank mein Papa den Nachmittagskaffee. Aber dann kam ein großer Hund und schnüffelte um den Tisch herum, bis er mich fand; denn einem von den Brüdern hatte ich das Herz gefressen.

Welche Hände blättern in meinem kostbaren Bilderbuch Theben? Beugst du dich über seine Gedichte, seine Zeichnungen? Oder stieren dreiste Augen meine Heiligenbilder an und plappern genießende Lippen meine Feiertagsgedichte her? Mein Buch Theben, es ist meine Mutter, mein Vater, mein Kind, mein Bruder, meine Schwester, meine Spielgefährtin und mein Versöhnungstag, meines Herzens Synagoge Abendmahl. Aber ich fiel ins Haus und verletzte mir die Knie, die bluten seitdem.

Heute bat ich den Psychiater, er solle mich ein bißchen in seinem Kinderwagen herumfahren. Er hat nämlich einen im Nebenzimmer stehen, darin seine Frau ihre Hoffnungen spazierenfährt, schon zwei Jahre, damit er sie nicht verstößt. Von seinem zukünftigen Sohn lasse er sich die Fesseln der Ehe gefallen, aber nicht von seiner Frau. Die geht immer in Blau, weil sie den Himmel auf Erden vermißt.

Die Fotos wurden während der Dreharbeiten zu Ich räume auf gemacht, einem Film von Georg Brintrup nach Else Lasker -Schülers gleichnamiger Broschüre, in der sie ihren Verlegern die Leviten liest. In der Rolle der Else Lasker -Schüler: Gisela Stein. Mit unter anderen Harun Farocki, Hanns Zischler und der Bücherwand der Ginka Steinwachs.

Fotos: Christoph Busch Text frei montiert nach

Else Lasker-Schüle

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