: Der Ku-Klux-Klan hat Lederhosen an
■ Im Rahmen des 1. Lesbenliteraturmonats lasen am Freitag im Frauenkulturhaus fünf afro-deutsche und eine afro-amerikanische Frauen Gedichte befreundeter Schriftstellerinnen
Vielleicht ist es zu früh, über Gedichte afro-deutscher Autorinnen zu diskutieren, so lange die Zuhörerinnen - in der Mehrheit weiß-deutsche Frauen - so wenig wissen über die kollektive und persönliche Lebensgeschichte(n) von schwarzen Menschen, die als Deutsche in der BRD geboren und aufgewachsen sind und immer wieder den unterschiedlichsten Varianten von Mißverständnissen, Verunglimpfungen, Faszination für das „Exotische“, offenem und verstecktem Rassismus begegnen.
Fünf afro-deutsche Frauen und eine Afro-Amerikanerin trugen am vergangenen Freitag eigene lyrische Texte und Gedichte befreundeter Autorinnen vor - im Rahmen des 1. Lesbenliteraturmonats im Frauenkulturhaus - und sie waren sichtlich enttäuscht von der Reaktion des Publikums. Statt um die Texte selbst, die sprachlichen Bilder und literarischen Qualitäten, ging es in den meisten Kommentaren der Zuhörerinnen um Fragen nach der schwarz-deutschen Identität, Assoziationen zu Afrika u.ä. Dahinter stand die Verunsicherung über eigenes rassistisches Denken und die Befürchtung, daß es zwischen schwarzen und weißen Frauen in der Frauenbewegung mehr Trennendes als Verbindendes geben könnte.
Allerdings provozierten viele der vorgetragenen Texte auch
diese Diskussion. Zum Beispiel schilderte Kim Everett die Reaktionen weißer Zuhörerinnen auf eine Lesung der großen afro-amerikanischen Dichterin Audre Lorde - „Alles wunderbar, danke, Audre, daß du gekommen bist...“ - und ihre eigene Distanz zu diesem Publikum. Oder Elke Jank hält in ihrem Gedicht „Die Lesung“ den „ethnologischen Fragen einer Zuhörerin entgegen: Ich bin nicht Afrika.... Und in Helga Emdes Gedicht „Der Tanz“ heißt es: „du willst ich sein/ ich niemals du/ sonnengebräunte Haut/ zwischen uns/ Welten...“
Neben dem Thema: „Was trennt uns Frauen voneinander?“ ging es in anderen Texten um Liebe, Lebensträume, Rassismus (Elke Jank: „Schwarze Zeiten in Bayern/ der Ku-Klux-Klan hat Lederhosen an“), und die Folgen des europäischen Kolonialismus“ (Eva von Pirch: „Europa-Afrikastudien“) und natürlich - um die Formulierung schwarzen Selbstbewußtseins: „bin deutsches Fräulein/ schwarz und schön/ kann allein nach hause gehn...“ (Elke Jank).
Allen, die sich näher mit der Literatur afro-deutscher Frauen und Lesben beschäftigen wollen, sei die in der 2. Ausgabe in Bremen erschienene Zeitschrift Afrekete empfohlen, erhältlich bei „Hagazussa“.
Andrea Schweers
Nächste Termine im Lesbenliteraturmonat: Lesung mit Chris Paul und Lea Morrien, 17.11., 20 Uhr, Frauenkulturhaus; Podiumsdiskussion „Lesbenliteratur - mit verschärftem Blick“, 18.11., 20 Uhr, Weserterrassen; Abschlußfest, 19.11., 21.30, Weserterrassen.
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