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Europa: Ein Binnenmarkt für Waffen

Spanien und Portugal treten der WEU bei / Verteidigungsgemeinschaft soll rüstungspolitische Emanzipation Westeuropas vorantreiben / Auch Griechenland und die Türkei wollen beitreten  ■  Aus London Rolf Paasch

Auf der Sitzung des Ministerrats der Westeuropäischen Union (WEU) in London haben Spanien und Portugal am Montag die Beitrittsprotokolle zu der Verteidigungsgemeinschaft unterzeichnet. Gültig wird ihr Beitritt jedoch erst, wenn die Parlamente der damit neun WEU-Staaten bis April formell der Modifizierung des WEU-Gründungsvertrags von 1954 zugestimmt haben. Die Vertreter Spaniens und Portugals nahmen jedoch bereits am Montag an Beratungen zu Fragen der „Rüstungskontrolle“ im nuklearen, chemischen und konventionellen Bereich teil. Auch die Lage der Ost-West -Beziehungen nach der US-Präsidentenwahl stand auf der Tagesordnung. Die vor allem von Frankreich in jüngster Zeit wiederbelebte WEU soll in Zukunft stärker zur Kooperation verteidigungspolitischer Anstrengungen der Mitgliedsländer eingesetzt werden und damit die rüstungspolitische Emanzipation Westeuropas vorantreiben.

Waffenpolitischer Binnenmarkt

Erst am vergangenen Donnerstag hatte die formal unter den Fittichen der Nato operierende „Independent European Program Group“ (IEPG) in Luxemburg ebenfalls Pläne zur engeren Rüstungskooperation beschlossen. Danach müssen die 13 Mitgliedsländer der IEPG sich demnächst die Ausschreibungen über Rüstungsaufträge gegenseitig vorlegen, um ein Mitbieten aller Länder zu erleichtern. Der Beschluß wird allgemein als wichtiger Schritt zu einem gemeinsamen europäischen Rüstungsmarkt angesehen. Die IEPG ist eine der wenigen Nato -Gruppierungen, an denen Frankreich wie in der WEU eine aktive Rolle spielt. Ihr gehören mit Ausnahme Irlands sämtliche EG-Mitglieder an, dazu noch Norwegen und die Türkei. Für Portugal, Griechenland und die Türkei soll es Übergangsregeln geben, welche die rüstungsschwachen Industrien langsam an den europaweiten Waffenwettbewerb heranführen sollen. Die beiden Ägäisstaaten, so war am Montag in London zu hören, wollen als nächstes auch der WEU beitreten.

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