: Österreichs Grüne im Personaltief
Langjährige Galionsfiguren der Partei ziehen sich aus der Politik zurück / Schaffen die Grünen nochmal den Sprung ins Parlament? / Die bürgerlichen Grünen haben Gefolgschaft aufgekündigt ■ Aus Wien Oliver Lehmann
Nach dem überraschenden Rücktritt Freda Meissner-Blaus als Vorsitzende der Grünen Parlamentsfraktion am letzten Freitag gab vorgestern auch ihr Stellvertreter im Parlament, Walter Geyer, seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Geyer war als Meissner-Blaus Nachfolger gehandelt worden. Zum neuen Fraktionsvorsitzenden wurde vom Bundesvorstand und der Fraktion der steirische Abgeordnete Andreas Wabl gewählt. Damit stehen die österreichischen Grünen vor einer neuen Bewährungsprobe.
Walter Geyer galt so wie Freda Meissner-Blau als Integrationsfigur des Grünen Lagers. Ihm wurde am ehesten zugetraut, die bürgerlichen Grün-Wähler, die sich nach der Parlamentswahl 1986 von der Partei entfernt hatten, wieder anzubinden. Durch die Wahlenthaltung eines Großteils der bürgerlichen Grünen bei den letzten Landtagswahlen in Wien und Niederösterreich scheiterte der Einzug der Grünen in die Landesparlamente. Walter Geyer kritisierte bei seinem Abschied, daß es den Grünen seit ihrem Einzug ins Parlament nicht gelungen sei, dieses Wählerpotential wieSeinen Rückzug bezeichnete er als Konsequenz politischer Fehlern der Grünen in der Vergangenheit.
Mit Geyer verlieren die Grünen einen Fachmann aus dem Justizbereich, der in allen Parteien hohes Ansehen genoß. Die Rolle als Integrationsfigur der österreichischen Grünen soll der ehemalige Salzburger Planungsstadtrat Johannes Voggenhuber übernehmen, eine Aufgabe, die dem neuen Fraktionsvorsitzenden Andreas Wabl nicht zugetraut wird. Der ehemalige Volksschullehrer Wabl gilt als Alternativer aus dem linken Lager.
Nach dieser plötzlichen und tiefgreifenden personellen Umstellung müssen sich die Grünen über ihre Zukunft klar werden. Derzeit scheint der Wiedereinzug in das Parlament in zwei Jahren unsicher. Bisher wurden Richtungsdebatten von der Persönlichkeit Meissner-Blaus überdeckt. Die kommenden Landtagswahlen in Salzburg und Tirol werden erste Aufschlüsse liefern.
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