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Vietnam - Streit um Basar

■ In Bremen lebende Vietnamesen wollen sich nicht aus der St.-Stephani-Gemeinde aussperren lassen / Protest gegen einseitige Vietnam-Darstellungen

Wie in vergangenen Jahren wird in der St.-Stephani-Gemeinde am 25.11. der „Solidaritätsbasar“ eröffnet. „Mensch sein, das heißt: Verantwortung fühlen, sich schämen angesichts einer Not, auch wenn man offenbar keine Mitschuld an ihr hat...“ ist das Saint-Exupery entlehnte Motto. Beim Basar soll gesammelt werden - „Medizinische Hilfe für dioxingeschädigte Kinder und schwangere Frauen“ ist

das bei Vietnam angegebene Projekt. In Nicaragua soll Opfern des Wirbelsturms geholfen werden, in Chile Kindern inhaftierter Demokraten, usf. Eine lange Liste von Namen unterstützt den guten Zweck auf der Rückseite des Aufrufes.

Auch in diesem Jahr wird es aber eine Demonstration geben gegen den Basar: Die in Bremen lebenden Exil-Vietnamesen wollen das von der Kirchengemeinde

verbreitete Vietnam-Bild nicht unwidersprochen lassen. Im vergangenen Jahr war ihnen aber der Zutritt zu der Diskussion durch eine Ordnergruppe verwehrt worden. Der Pfarrer v. Zobeltitz begrüßte im Saal die Vertreter des kommunistischen Jugendverbandes als „Vertreter ihres Volkes“ und titulierte die im Exil lebenden Vietnamesen vor der Tür als „Schreier“. Die Exilierten wollten den versammelten Gemeinde

mitgliedern von Menschen rechtsverletzungen in Vietnam berichten, von Todesurteilen gegen buddhistische Mönche, von der Tatsache, daß das bitterarme Land, für das da gesammelt wird, die viertgrößte Militärtruppe der Welt unterhält. „Wäre es nicht von einem christlichen Pfarrer zu erwarten, seine Nächstenliebe auch auf die Boat-People, die immerhin unter Einsatz ihres Lebens seinen Freunden in Hanoi entkommen waren, zu erstrecken?“, fragte ein empörter Besucher der Veranstaltung in einem Leserbrief.

Damals versprach der Pfarrer v. Zobeltitz immerhin, nach dem Basar mit den protestierenden Vietnamesen zu sprechen. Lange hörten die nichts, im Herbst kam nun ein Termin zustande. „Der Pastor bleibt stur, sie wollten uns nicht verstehen“, sagt einer der Sprecher der exilierten Vietnamesen, der Krankenpfleger Tran. Das „Gespräch“ sei nur Alibi gewesen, die Programme für den diesjährigen Solidaritäts-Basar waren schon gedruckt. „Aber wir kommen wieder...“

K.W.

Die Eröffnungsveranstaltung des Solidaritätsbasares findet am Freitag, dem 25.11. um 20 Uhr im St.-Stephani -Gemeindehaus, Faulenstraße statt. Auf dem Programm stehen Berichte von Bernd Passmann über seine Vietnamreise 1988, von dem Wirtschafts-Wissenschaftler Sergio Cuadra über die aktuelle Lage in Chile und von dem Direktor des Krankenhauses Matiguas/Nicaragua, Luis Cuadra.

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