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Traumwesen gesucht

■ Kohl fandet nach einer/m Minister/in

Spieglein, Spieglein an der Wand – wer ist die Attraktivste im ganzen Land?“ Ach nein, Kohls Damenwahl hat keine märchenhaften Züge. Keine gute Fee zaubert ihm eine SIE herbei. Die Wahl der neuen Frauenministerin fällt schwer. Ministerin? Kohl läßt sich nicht gerne unter Druck setzen und beharrt eigensinnig, er wünsche eine – „Persönlichkeit“, das Geschlecht sei zweitrangig. Im Zeitalter der Quoten diesen Posten mit einem Mann zu besetzen, wäre ein spektakulärer Fauxpas. Aber wer garantiert schon, daß der Kanzler davor gefeit ist?

Nehmen wir an, Kohl habe genügend politischen Instinkt und wählt eine Frau. Diese darf nicht allzusehr gegenüber ihrer Vorgängerin verblassen. Bei den Frauen der Fraktion ist da nicht viel zu holen. Gleichzeitig aber sind die Parlamentarierinnen aufmüpfig. Schon bei der Kür Süssmuths wurden sie übergangen. Aber der Kandidatin, die sie favorisieren, fehlt es an Profil. Frau Verhülsdonk hat das Image der mittelständischen Hausfrau aus Adenauers seligen Zeiten. Und die spritzigste und profilierteste Frauenpolitikerin Ursula Männle gehört der CSU an und kommt allein deshalb nicht in Frage.

Es gibt für den Kanzler aber noch eine zweite Konfliktlinie. Auf der einen Seite geht es darum, den Reformflügel der Partei zu befrieden. Auf der anderen Seite sind die Politikfelder Paragraph 218 und Aids permanenter Konfliktstoff. Auch auf die CSU und die Lebensschützerfraktion in den eigenen Reihen muß Rücksicht genommen werden. Die Entscheidungsschwierigkeiten verweisen auf strukturelle Widersprüche der CDU-Frauenpolitik: zwischen Modernität und einem erstarkenden Fundamentalismus.

Helga Lukoschat

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