: GEW gegen SED-Willkür
■ Lehrergewerkschaft verurteilt Schulverweise an der Ost-Berliner Ossietzky-Schule / Quecksilber und Asbest in Ossietzky-Schule West
Mit selten großer Mehrheit verabschiedete gestern die GEW auf ihrer Landesdelegiertenversammlung zwei Anträge zu Ereignissen in der DDR. Zum einen wandte sie sich gegen das Vertriebsverbot der sowjetischen Zeitschrift 'Sputnik‘. Das Verbot, heißt es in dem Beschluß, widerspreche dem Verständnis einer „demokratisch strukturierten Gesellschaftsordnung und eines pluralistischen Meinungsbildungsprozesses“. Der Antrag wurde zur Überraschung vieler von einem SEW-nahen Delegierten eingebracht.
Des weiteren kritisierte die GEW die Relegierungen von vier Schülern der Ost-Berliner Carl-von-Ossietzky-Schule und forderte die Rücknahme der Schulverweise. Insbesondere sollten die Gespräche zwischen der Bundes-GEW und der DDR -Gewerkschaft „Unterricht und Erziehung“ (GUE) über Friedenspädagogik genutzt werden, damit die Schüler an ihre Schule zurückkehren können.
An der Ossietzky-Schule in West-Berlin sind hingegen die Asbestprobleme immer noch nicht gelöst. Durch die Sanierungsarbeiten kamen, wie gestern eine Lehrerin der Schule berichtete, sogar neue Gefahren hinzu. Im sogenannten „naturwissenschaftlichen Bereich“ sind vor 14 Tagen 450 Gramm Quecksilber ausgelaufen, so daß die Schule erneut geschlossen werden mußte. Beim Transport waren quecksilberhaltige Meßgeräte zu Bruch gegangen. Nachdem gestern noch die GEW gegen die ökologischen Zustände an der Ossietzky-Schule und gegen die für heute geplante Wiedereröffnung protestierte, kündigte unterdessen das Kreuzberger Bezirksamt an, die Schule vorerst nicht freizugeben. Da bislang keine Aussagen zur Gesundheitsgefährdung möglich seien, habe sich das Bezirksamt zu dieser Maßnahme entschlossen, um jegliches Risiko auszuschließen.
Als „Mogelpackung“ und pädagogische Verschlechterung bezeichnete die GEW außerdem Lauriens Vorhaben, im kommenden Schuljahr eine Fünf-Tage-Woche für SchülerInnen einzuführen. Es sei unzulässig, die geforderte Arbeitszeitverkürzung für Lehrer mit einer Arbeitszeitverkürzung für Schüler zu verrechnen.
bim
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