piwik no script img

Hilferuf der ABM-Projekte

■ Projekte, Arbeitsloseninitiativen und Grüne mobilisieren für Bremer Hilfe gegen die Folgen der Bonner AfG-Novelle / Am Montag „Betriebsversammlung der Gekürzten“

Heute wird der Bundestag in zweiter und dritter Lesung die Novelle des Arbeitsförderungsgesetzes (AfG) beraten und mit den Stimmen der Regierungskoalition beschließen. Damit droht in Bremen einem großen Teil der selbstverwalteten Frauen-, Sozial-, Gesundheits- und Kulturprojekte das Aus. Denn ihr Überleben hing seit Jahren an der „Krücke ABM“, wie es Netzwerk-Mitarbeiter Niko Diemer gestern auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den Grünen bezeichnete. „Wenn diese Krücke jetzt weggeschlagen wird, dann muß der Bremer Senat endlich eine Personalmittel-Förderung herausrücken“, so Diemers Fazit.

Nach dem neugefaßten AfG wird die Gesamtzahl der ABM -Stellen von 110.000 auf 80.000 sinken. Für Bremen bedeutet dies

sofort 1.200 Arbeitslose mehr, die heute noch mit Lohn vom Arbeitsamt „zusätzliche und gemeinnützige“ Aufgaben erledigen. Für die 300 bis 400 kleinen und selbstverwalteten Projekte werden die Folgen noch dramatischer sein. Denn mit dem neuen AfG wird die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit nur noch 15 Prozent der ABM-Stellen voll finanzieren. Doch gerade Kultur-, Frauen- und Sozial-Projekte verfügen oft über keinerlei Eigenmittel, mit denen sie den Rest der ABM -Gehälter bestreiten könnten.

Noch dramatischer wird nach der AfG-Novelle die Lage für Umschulung und Fortbildung. Von 6.600 auf 5.300 soll die Zahl der geförderten Maßnahmen sinken. Da jedoch ein Überhang aus dem Jahr 1988 ins nächste Jahr übernommen wird, ist abzuse

hen, daß im zweiten Halbjahr 1989 keine neuen Umschulungen mehr genehmigt werden können. Arbeitssenator Konrad Kunick rechnet als Konsequenz der AfG-Novelle insgesamt mit einer Steigerung der Bremer Erwerbslosenquote von jetzt 15 auf 17 Prozent.

Damit es nicht dazu kommt, fordern Projekte und Grüne nun den Ausgleich der zu erwartenden Mindereinnahmen des Bremer Arbeitsamtes von rund 40 Mio Mark durch den Landeshaushalt. Für 14 Mio Mark soll der Senat intern schon grünes Licht gegeben haben. Offiziell wird dies jedoch bislang heftig bestritten und darauf verwiesen, daß die AfG-Novelle „derzeit nicht abschließend beraten ist“.

Außerdem sollen kleine, nichtstaatliche Träger künftig bei der Vergabe der knapperen ABM

Mittel bevorzugt werden. Bislang beansprucht der öffentliche Dienst 40 Prozent der ABM-Stellen für sich. Zudem sollen Akademiker-Stellen, die vor allem für die selbstverwalteten Projekte überlebensnotwendig sind, „nicht überproportional abgebaut werden“, so der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Paul Tiefenbach.

Am kommenden Montag, 5.12., ab 13 Uhr wollen die Betroffenen auf einer gemeinsamen „Betriebsversammlung der Gekürzten“ über ihre künftige Lage beraten und politische Handlungsmöglichkeiten klären. Die Aula des ehemaligen „Alten Gymnasiums“ in der Dechanatstr. 13 bietet 400 Leuten Platz. „Die soll ordentlich voll werden“, hofft für die Vorbereitungsgruppe Walter Ruffler.

Ase

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen