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RADIO WILL KILL VIDEO-STAR

■ Professor Pempey Pah's Radio Show im SchwuZ

Radio auf der Bühne? Auf den Brettern stehen vier junge Männer in weißen Hemden und schwarzen Hosen. Sie könnten sich wie Orgelpfeifen aufstellen, von ganz groß bis ganz klein. Das lassen sie aber. Sonst gehören nur noch ein paar Mikrofone zu den Requisiten. Ein Projektor wirft Dias auf die Wand hinter der Bühne, keine schillernden, hochkünstlerischen, tiefbedeutungsschwangeren, sondern wie von Kinderhand gemalte Häuschen, ein Eiffeltürmchen aus vier blauweißroten Strichen.

In den zwei Stunden Sendezeit drängen sie Reportagen, Märchenstunde, Nachrichten und Werbung, alles, was gutes Radio ausmacht, um die Gunst der Zuhörer. Live dabei sind wir im Operationssaal eines Krankenhauses. Der Star-Chirurg zeigt seinem Assistenten und der ihn hoffnungslos anbetenden Krankenschwester, wie es nicht gemacht werden sollte. Die Knochensäge kreischt durch den Patienten, elektronische Geräte blubbern und piepsen. Zu sehen sind nur vier junge Männer, die vier Textbücher vor ihre Nase halten. Die Hintergrundmusik kommt vom Band, alle anderen Geräusche sind beste Mundarbeit.

Märchen für groß und klein: Aschenputtels Prinz berlinert, die häßlichen Schwestern hacken sich halbe Beine ab, daß es nur so planscht, die rechte Braut aber, die der Prinz heimführt, entpuppt sich als der eigene Diener - macht nichts. Käpt'n Nemos besinnliches Weihnachtsfest ist nur geschickt getarnte Bibelwerbung, und schließlich - nach Frequenzwechsel - quaken Pittiplatsch, Schnatterinchen, Fuchs und Elster die Kindlein in die Betten, nicht ohne sie vorher ermahnt zu haben, ihre Pionierzeitung zu lesen.

Bong! „Guten Abend meine Damen und Herren. Hier ist Radio Pempey Pah mit den Nachrichten. Bonn. Bundespräsident von Weizsäcker hat sich heute für weltweite Vernunft ausgesprochen...“ Und weil zwei der jungen Herren Englisch ihre Muttersprache nennen, dröhnt neben der Bonner Hofberichterstattung die so unglaublich wichtig klingende, sonore Stimme eines BBC-Sprechers aus dem Radio. Im Schweinsgalopp geht es durch das Weltgeschehen, eh alles nur Theater, die tägliche Auflistung täglich Ermordeter wird auf die Spitze getrieben, daß das Lachen im Hals stecken bleibt

-das einzig Wahre ist und bleibt ja doch der Sport. Und weiter geht's mit Werbung. Kennen Sie schon das neue Schrill mit Jod-S11-Körnchen, jetzt auch für Kaninchen?

Neu ist das Programm von Professor Pempey Pah's amazing all electric radio show nicht. Schon im Sommer wurde an allen erdenklichen Orten gesendet. Inzwischen muß Pempey Pah hart gearbeitet haben. Die beiden jungen Pariser sind zum Beispiel noch charmanter geworden. Vor dem Eiffelturm schwärmen sie sich von ihren Damen vor - oh, die Claudette, und die sowieso erst einmal und die sowieso allemal ohlalala - nichts als Angeberei. Die zwei Freundinnen schwärmen im Rhythmus des Bolero vom BVG-Ordnungsdienstmann: „And he uses a gummiknueppel!“ „Oh, really? Tell me again!“

Claudia Wahjudi

Professor Pempey Pah's Radio Show: Turbine Rosenheim: 2. und 3.12., jeweils 21 Uhr; Cafe Swing: 5.12., 1 Uhr.

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