: Schmerzhafte Operation
■ AltstudentInnen geht's an den Kragen / Krankenversicherung wird im neuen Jahr doppelt so teuer / Übergangsfrist bis Semesterende / Ausgenommen: Schwangerschaften, Behinderungen, 2. Bildungsweg
„Es gibt keine Skandale mehr, weil niemand sich 360 Tage im Jahr aufregen kann“, kommentiert lapidar der ASTA -Rechtsberater, Ernst Hustädt. Gemeint ist eine der einschneidenden Neuregelungen der Gesundheitsreform. Nach dem Segen des Bundesrates am 16. Dezember wird das Gesetzeswerk am 1.Januar in Kraft treten. Sogenannte AltstudentInnen, das sind per Definition alle über 30 oder die ab dem 14. Semester, sind dann nicht mehr pflichtversichert. Das heißt, sie verlieren den Krankenversicherungsschutz, wenn sie
sich nicht freiwillig weiterversichern. Die neuen Beiträge werden bei den gesetzlichen Kassen dann knapp das Doppelte der bisherigen Beiträge (65 DM) kosten, also bei etwa 120 DM liegen. Die Sachlage ist „etwas schwierig“, da sich die Beratungen so lange hinzogen: „Jeden Tag kommt ein neues Papier auf den Tisch“, so der AOK-„Hauptabteilungsleiter -Beiträge“, Bruns.
Die Abstimmung zwischen den Spitzenverbänden ist noch nicht erfolgt, aber an den „begründeten Ausnahmen“ wird sich wohl nichts mehr ändern. Ausgenom
men von der Neuregelung sind demnach folgende Fälle, die zur Verzögerung des Studiums führten: Erkrankungen (auch innerhalb der Familie), Schwangerschaften, Behinderung, oder ein Erwerb der Zugangvoraussetzungen für die Hochschule über den zweiten Bildungsweg. Alle anderen werden entweder auf den Versicherungsschutz verzichten müssen und sich den Gips im Notfall selber anlegen, oder die enormen Beiträge blechen müssen. Die Privatkassen, die schon bislang einen Studententarif (PSKV) zum Standardbeitrag von 65
Mark anboten - dafür aber teilweise miserable Leistungen -, kennen bislang noch keine Altersgrenze. Damit wäre möglicherweise noch ein preisgünstiger Minimalschutz zu erreichen. Von einem Aufspringen auf den lukrativen Zug weiß man dort noch nichts.
Die präzisesten Überlegungen hat man sich bei der AOK gemacht: Bis Ende des Wintersemesters bleibt erstmal alles wie gehabt: Von Ende März bis Ende Juni läuft dann die Galgenfrist, in der sich die Betroffenen überlegen müssen, was ihnen ein Versi
cherungsschutz wert ist.
Sinn und Zweck der ganzen Übung soll sein, die sogenannten Bummelstudenten rauszuwerfen. Eine Untersuchung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 1985 belegt jedoch, daß 16,3 Prozent der Prüflinge mehr als 14 Semester studiert haben. Die BremerInnen sind mit 12,5 Prozent etwas schneller. Und: Wer sich auch nach einem abgeschlossenen Studium weiterimmatrikuliert, hat nicht die große Kohle und will sich Leistungen „erschleichen“, sondern ist oft einfach arbeitslos.
Doris Burge
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