Und ewig lockt das Wasser

■ Deutsche Mannschaftsmeisterschaften der SchwimmerInnen in Schöneberg / Eindrücke vom Becken

Es fing schon mit diesen blauen Plastik-Überziehern an, die mir die Bademeisterin zum Eintritt reichte. „Sie kommen hier nur rein, wenn Sie die über Ihre Schuhe ziehen.“ Der Schnee und das Eis von draußen schmelzen in der Saunahitze der Schwimmhalle, die Folie wird über die Füße gezerrt, drinnen schlurft dann alles wie auf Skiern durch die Gegend, denn schließlich kommt man aus der Kälte. Nur die Sportler, die am Samstag und Sonntag zu den Deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Schwimmer nach Schöneberg gekommen waren, wuseln leichtbekleidet in der Hitze der Halle umher. Was wäre wohl, wenn plötzlich die Heizung ausfallen würde, und die anwesenden Olympiasieger, Welt- und Europameister um Michael Groß müßten zuschauen, wie langsam ihr 25 Meter langes Wasserbecken einfriert?

Doch ein Kälteeinbruch bleibt aus. Statt dessen Wettkampfalltag der zwölf besten Teams der Bundesrepublik, der allerdings in der Schwimm-Szene mit Spannung erwartet wird. Nach den Vorkämpfen zeichnet sich bei den Damen ein Zweikampf zwischen Titelverteidiger SG Hamburg und dem Aufsteiger EOSC Offenbach ab. Bei den Männern will der EOSC mit Michael Groß und Bronzemedaillengewinner Thomas Fahrner den Rückstand auf die Vereine aus Hamburg und Bochum wettmachen.

Dementsprechend stürzt sich der Groß, Sportler des Jahres, ins H2O und flattert im Schmetterling über 200 Meter nur um 1,16 Sekunden an seinem eigenen Weltrekord vorbei. Überhaupt Groß. Er sieht genauso aus wie er heißt. In den Wettkampfpausen schlackst er mit seinem Athleten-Body durch die Reihen seiner Kollegen (Der Herr Autor ist wohl neidisch, daß er nicht so gut aussieht? - d.S.) Ein Handtuch lässig über die Schulter geworfen, wandert er wie ein mobiler Leuchtturm auf und ab, benutzt zwischendurch sein Haupt als Wassertester, krakeelt mit den Vereinsfans als Anfeuerer und macht insgesamt einen höchst nervösen Eindruck.

Dafür gibt's auch einen Grund. Groß zählt nämlich zu der Sorte Sportler, die den Mannschaftsgeist regelmäßig beschwören. Bei dem Superschwimmer hat das allerdings schon bedenkliche Formen angenommen. Selbst bei der Ehrung zum Sportler des Jahres gelobte er nochmals, sich ganz für seinen EOSC zerreißen zu wollen. Stolz trägt er in der Halle deshalb ein T-Shirt, auf dem folgende Formel verewigt ist: „You Pool Boys - watch out for the fat boys“.

Dechiffriert ergibt das folgenden Geisteszustand des Olympiasiegers. Groß möchte, daß sein Verein, der von einem dicken („fat“) Menschen namens Oellecker trainiert wird, die Pool Boys aus Hamburg schlägt. (Unser Herr Autor scheint wohl mächtig unter Minderwertigkeitskomplexen zu leiden, warum sollte er sonst Groß so schlecht machen? - d.S.) Nebenbei hat sich Groß auch noch in die Badehose, die seinem knackigen Hintern so recht schmeichelt, die vier Buchstaben BERT graviert.

Schaut man sich in der Halle um, wird klar, daß Groß und Co. geradezu einen Chiffrierkult pflegen. Der Trainer spielt dabei die Rolle der Mama: „Oelus and the mean maschine.“ (Und unser Herr Autor den Psychoanalytiker; er sollte sich lieber um seine Seele kümmern, anstatt dauernd auf andere zu projezieren - d.S.) Trotz hartnäckiger Nachforschungen war nicht herauszubekommen, was dieser EOSC-Spruch bedeuten soll. Trainer Oellecker rennt auf und ab, drückt nervös eine Stoppuhr nach der anderen und kreischt den Aktiven ins Wasser hinterher. Wo bin ich hier eigentlich gelandet?

Von wegen ein Schwimmfest - ein Tummelbecken der Psychiatrie. (Wo der Herr Autor wohl auch hingehört! d.S.)

Theo Düttmann