piwik no script img

FU-Fest(ungs)akt

■ Abgeschirmt von der Polizei zelebrierte die FU ihr 40jähriges Bestehen / Villa in Dahlem wurde besetzt

Trotz massiver studentischer Proteste rund um den Henry-Ford -Bau fand der akademische Festakt zur 40-Jahr-Feier der FU nahezu ungestört und vor handverlesenem Publikum statt. Neben den uniformierten Absperrern draußen kontrollierten „Wach-Schutz“ und zahlreiche Zivil-Polizisten im FU-Audimax das Geschehen. In seiner Rede bezeichnete FU-Präsident Heckelmann die im Gefolge der 68er-Revolte in der Reform-Uni etablierten Mitbestimmungsmodelle als ungeeignet und „weit überzogen“. Heute jedoch sei die FU konsolidiert.

Während Heckelmann sprach, wurde der AL-Abgeordnete Gunnar Grugelke von Ordnern wegen Zwischenrufens ins Treppenhaus abgedrängt. Wenige Worte verlor der heutige AStA-Vorsitzende Miguel Montero: „Ihr Hiersein und die Feier sind eine Farce“, hielt er dem Publikum entgegen und forderte die Anwesenden auf, an den studentischen Kundgebungen teilzunehmen. Demonstrativ verließen er und einige das Audimax. Während der Feierlichkeiten protestierten rund 4.000 StudentInnen mit ihrem „Schmähakt“ vor dem Gebäude. 2.000 fanden sich im Anschluß zu einer Spontandemo auf dem Ku'damm ein.

Mittlerweile sind in Dahlem nicht mehr allein Universitäts -Institute besetzt. Auch auf dem Dach einer prächtigen Villa in der Podbielski-Allee 2 flattern seit gestern morgen friedlich die rote und die schwarze Fahne. Dem seit 1983 leerstehenden, dem langsamen Verfall preisgegebenen Gebäude hatte sich die „AG gegen Wohnungsnot“ angenommen. Den Senat fordern sie auf, leerstehenden Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Das besetzte Haus soll - so die Vorstellung der Besetzer - Sitz eines Vereins werden, der wohnungssuchende StudentInnen beraten und unterstützen soll.

Gegen Mittag riegelte die Polizei das Grundstück kurzzeitig ab und kontrollierte die Personalien zweier Frauen. Bis Redaktionsschluß beschränkte sich die Polizei auf gelegentliche Patrouillefahrten. Die Nachbarn der Villa reagierten indes überwiegend positiv. Einige sammelten spontan 200 Mark und versorgten die BesetzerInnen über einen Gartenschlauch mit Wasser. Gegen die Kälte wurden im Haus vorgefundene Kohleöfen in Betrieb genommen. Um 18 Uhr begann in der Rostlaube eine Uni-VV. Klar war bis Redaktionsschluß nur, daß die meisten Instituts-Besetzungen auch in der nächsten Woche fortgesetzt werden sollen.

lori/beho/werner/taz

(Siehe Berichte auf S.1 und 5)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen