: Frauenaktion und Männergewalt in der U-Bahn
■ BVG-Aktion „Frauen gegen Männergewalt“ endete mit harten Polizeieinsätzen / U-Bahn lahmgelegt und durch Schlagstockeinsatz geräumt / Sexistische Sprüche von Polizisten / Mindestens eine Frau krankenhausreif geschlagen / Acht Polizisten leicht verletzt
Wenn Frauen in den ersten U-Bahn-Wagen steigen, müssen sie nicht unbedingt sicher sein vor männlichen Handgreiflichkeiten. Zwar hatte der Pressesprecher des Verkehrssenators den ersten U-Bahn-Wagen noch als Sicherheitsgarantie empfohlen. Doch als am Freitag abend rund 500 Frauen für ihre Aktion „Frauen gegen Männergewalt“ in die Linie 1 stiegen, mußten sie gehörig Prügel einstecken. Bei Übergriffen der Polizei wurde eine Frau krankenhausreif geschlagen. Acht Polizisten - vermeldete der polizeiliche Lagedienst - wurden leicht verletzt. Die Zahl der verletzten Demonstrantinnen ist nicht bekannt.
Die Aktion richtete sich gegen Belästigungen und Übergriffe auf Frauen in der U-Bahn. Der erste U-Bahn-Wagen wurde zum Frauenwagen deklariert. Als es gegen 21 Uhr vom Schlesischen Tor mit der Linie 1 losgehen sollte, befanden sich allerdings schon im stehenden Zug drei Männer. Hinweise auf die Aktion, begleitet mit der Forderung, daß die Herren doch den Wagen verlassen mögen, waren vergeblich. Die erste Wagenladung Frauen setzte sich so mit unerwünschter männlicher Begleitung in Bewegung. Am Nollendorfplatz kam es beim Umsteigen zu ersten Schlägereien mit den drei „Unbeugsamen“, die sich offensichtlich als Zivis entpuppten. Ein Polizist in Uniform, der die Männer davon abhalten wollte, auf die Frauen loszugehen, wurde von einem Kollegen mit Fäusten daran gehindert und wie eine Augenzeugin berichtete, mit den Worten belehrt: „Die gehören doch zu uns, Mann!“
Vom Nollendorfplatz Richtung Innsbrucker Platz setzte sich dann nur noch ein Wagen voller Frauen in Bewegung. Der nächste Zug wurde von der BVG nicht mehr abgefertigt, die ca. 50 Frauen, die schon im Wagen waren, wurden aufgefordert, diesen zu verlassen. Als sich die Frauen mit der Begründung, sie hätten schließlich gültige Fahrausweise und so ein Recht auf Beförderung, weigerten, stürmten Polizisten mit Helmen und Knüppeln durch die Seitentür und prügelten die Frauen aus dem Wagen hinaus in die schlagstockschwingenden Arme ihrer Kollegen.
Daraufhin wurde der ganze U-Bahnhof Nollendorfplatz von der Polizei geräumt. Ihre Gewaltaktionen garnierten die Polizisten mit ausgesucht sexistischen Sprüchen wie „Fotze“ und „Pißnelken, geht doch nach Hause“. Auch am Leopoldplatz kam es zu Übergriffen der Polizei auf BVG-Kundinnen. Es kam zu wüsten Schlägereien, eine Frau wurde von einem Zivi niedergeschlagen. Der U-Bahnhof wurde abgeriegelt, die 200 Frauen aufgefordert, ihn zu verlassen. Gegen 22.30 Uhr trafen sich die versprengten Frauengruppen am Hermannplatz und wurden dort ebenfalls von Polizisten mit Helmen, Schlagstöcken und Schildern vom U-Bahnhof gedrängt. Mit Polizeispalier gings dann zur Abschlußfete.
Frauke Gust
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