: Vulkan darf mitbauen
■ Eine der vier Marinefregatten soll auf dem Vulkan gebaut werden / Vorstand will Löhne kürzen / Vorstandsgehälter: Über eine halbe Million pro Jahr
Wenn es nach der regierenden SPD gegangen wäre, dann hätte die Bürgerschaft gestern fast eine Trauerminute eingelegt für die Fregatten, die dem Vulkan im letzten Monat davongeschwommen sind. Um „leise Töne“ bat der SPD -Abgeordnete Carl Heinz Schmurr mehrmals seine Kollegen. FDP und CDU hielten sich daran. Sie erzählten das Trauerspiel nochmals nach: Wie das Bundesverteidigungsministerium die norddeutschen Werften gefragt habe, ob es zur neuen Fregatte 123 keine billigere Alternative gebe, wie der Vulkan-Chef Friedrich Hennemann dann aus dem Konsortium mit den anderen Werften ausgeschert sei und den Militärs ein Sonderangebot für ihr Gerät gemacht hätte und wie er dann von den Konkurrenten ausgebootet worden sei. Nur leise wurde dem schnellen Friederich
mit dem Finger gedroht. Schmurr: „Er ist einer taktischen Fehleinschätzung unterlegen. Er hätte Senat und Aufsichtsrat einschalten müssen. Das ist nicht geschehen“.
Allein die Grünen „holten die große Pauke raus“, wie Schmurr entrüstet feststellte. Dabei hatte Ralf Fücks nur gefragt, ob Aufsichtsrat und Senat der landeseigenen Werft tatsächlich nicht informiert gewesen sind. Uwe Beckmeyer, Aufsichtsrat und Bremer Wirtschaftssenator in Personalunion, mußte sich auffordern lassen, endlich Einfluß auf die Geschäfte der Staatswerft zu nehmen. Der Grüne Manfred Schramm gab ihm einen guten Rat: „Lassen Sie die Finger von der Rüstung und kümmern Sie sich um den Umbau der Werft auf der Basis eines alternativen Produktionsprogramms“. Da war
Carl Heinz Schmurr nun wieder gegen. Der Vulkan bemühe sich ja. Aber einen Markt für alternative Produkte gebe es nicht. Allenfalls die öffentliche Hand, und die sei „ausgeblutet“.
Also geht alles im alten Trott weiter. Seit Wochen bemüht sich der Vulkan, von dem davongeschwommenen Fregattenauftrag doch noch einen Happen abzukriegen. Die Hamburger Thyssenwerft Blohm & Voß, alleiniger Generalunternehmer für den Kriegsschiffbau, soll bereit sein, dem Vulkan den Bau von einer der vier Fregatten zu überlassen. Das aber wohl zu so erbärmlichen Bedingungen, daß der Vulkan überlegt, ob er den Auftrag überhaupt annehmen soll. Kein Wunder. Denn Blohm & Voß konnte den gesamten Auftrag ja auch nur unter erheblichem Preisnachlaß für sich an Land ziehen.
Die Schiffbauer sollen das Debakel ausbaden. So jedenfalls sehen es die Betriebsräte. Der Vorstand plant, die Akkordsätze zu senken und will zu diesem Zweck „Zeitnehmer“ in Hallen und auf Helgen schicken, die jede Bewegung der Arbeiter erfassen sollen. In Ateilungsversammlungen haben die Schiffbauer dagegen protestiert, daß ihr Lohn gekürzt wird. Eine pikante Nachricht hat ihrem Widerstand neuen Auftrieb gegeben: In der Zeitschrift „Capital“ konnten sie lesen, daß die Mitglieder ihres Vorstandes im Durchschnitt 631.000 Mark im Jahr verdienen. Damit liegt der Vulkan in der Bundesrepublik auf dem zweiten Platz. Zwar nicht in der Reihe aller Unternehmen, aber immerhin unter denjenigen, denen es so schlecht geht, daß sie ihren Aktionären keine Dividende mehr bezahlen.
mw
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