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Freier Äther für mehr Glotze

■ Landesmediengesetz in erster Lesung beschlossen / Bald sieben Fernseh-Programme und ein nicht-kommerzielles Stadtradio / Privates Angebot für Lokalfernsehen

Wer einen modernen Fernsehapparat mit zwanzig Programmtasten besitzt, wird davon in Bremen wahrscheinlich schon im nächsten Jahr sieben benutzen können - und zwar ganz ohne Kabel. Die Bürgerschaft beschloß gestern mit den Stimmen der SPD, gegen CDU und FDP und bei Enthaltung der Grünen in erster Lesung ein „Landesmediengesetz“ für das kleinste Bundesland. Danach werden zunächst zwei der drei zusätzlichen „terrestrischen Fernsehfrequenzen“ an die öffentlich-rechtlichen Programme „ARD-1plus“ und „3sat“ vergeben, später kommt noch ein „Privater“ dazu wahrscheinlich „RTL-plus“. Außerdem wird in Bremen auch die Delmenhorster Ausstrahlung von „SAT1“ und „RTL-plus“ zu sehen sein.

Mit dieser Entscheidung ist das öffentlich-rechtliche Sende -Monopol nun auch in Bremen durchbrochen. Schon im kommenden Sommer soll nämlich von 0 bis 18

Uhr auf dem „3sat„-Kanal das Münchener Privatfernsehen „Tele 5“ zum Zuge kommen. „In Zukunft werden Bremer Bürger erstmals die Programme empfangen, die sie auch bezahlen“, spielte für die SPD Manfred Fluß darauf an, daß die Wiederholungsprogramme von ARD und ZDF (ARD-1plus und 3sat) allein aus Rundfunkgebühren bezahlt werden.

Im Rundfunkbereich bleibt vorerst alles in öffentlich -rechtlicher Hand. Eine Satelliten-Frequenz für digitales Radio soll in den 90er Jahren an Radio Bremen vergeben werden. Und die fünfte Bremer Welle auf UKW soll einem lokalen, nicht-kommerziellen Anbieter vorbehalten bleiben. Über die Zulassung soll eine noch zu gründende Landesmedienanstalt entscheiden. Sie wird neben einem Direktor aus acht direkt von „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ zu entsendenden Mitglieder und elf auf Vorschlag der Bürgerschaft zu Wählenden be

stehen.

„In Bremen wird es in ein paar Jahren mehr Programme geben, die per Antenne zu empfangen sind, als in den meisten anderen Großstädten der Bundesrepublik“, prognostizierte der SPD-Medienexperte Fluß in der Bürgerschaftsdebatte. Die CDU kritisierte, daß nicht gleich privaten Programmen mehr Platz gegeben wird. „Hunderte Arbeitsplätze“ würden verschenkt, wenn so die Privaten nicht die Gelegenheit bekommen, in Bremen Programme für Bremen zu produzieren. Allerdings soll das Münchener Fernsehen „Tele 5“ bereits angeboten haben, künftig in Bremen eine eigene Lokalsendung zu produzieren.

Für die Grünen nannte Ralf Fücks den Gesetzentwurf einen „im Grundsatz akzeptablen Kompromiß“. Er forderte, Mittel aus den Rundfunkgebühren für ein „experimentelles Stadtradio“ zur Verfügung zu stellen.

Ase

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