: Papst gefährdet Konkordat
Seine Heiligkeit besteht auf Kardinal Meisner als Kölner Erzbischof / Rau droht mit Bruch des Konkordats / Konsequenzen für theologische Lehrstühle, katholische Privatschulen und kirchliche Sozialeinrichtungen ■ Aus Düsseldorf J. Nitschmann
Der Papst hat sich offenbar entschlossen, den Berliner Kardinal Joachim Meisner (54) im Alleingang gegen den entschiedenen Widerstand der Ortskirche zum neuen Kölner Erzbischof zu berufen, die nordrhein-westfälische SPD -Landesregierung hat offen mit der Aufkündigung des Konkordats (Vertrag zwischen Staat und Kirche) gedroht.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) erklärte gestern in Düsseldorf, wenn der Papst in Köln einen Bischof ernenne, der nicht durch das örtliche Domkapitel „in direkter und geheimer Wahl“ nominiert worden sei, beschwöre er damit Konsequenzen herauf, die „viele andere Elemente“ des Konkordats bundesweit in Frage stellten. Im Falle einer Berufung Meisners durch den Heiligen Stuhl gegen den Willen der Kölner Ortskirche wäre das Konkordat „in einem Punkt aufgehoben, und dann wäre die Unwirksamkeit von Konkordatsbestimmungen entstanden, die ich für außerordentlich bedauerlich hielte“, sagte Rau.
Nach dem noch immer geltenden Preußen-Konkordat aus dem Jahre 1929 sind die beiden Landesregierungen von Nordrhein -Westfalen und Rheinland-Pfalz in die Entscheidung über die Besetzung des Bischofsstuhls im Erzbistum Köln eingebunden. Sie können gegen die Ernennung des Diözesanbischofs „politische Bedenken“ geltend machen.
Eine Aufkündigung des Konkordats hätte für die katholische Kirche bislang unabsehbare Konsequenzen. Davon wäre beispielsweise die Besetzung theologischer Lehrstühle an den Hochschulen, die Besoldung des Lehrerpersonals an katholischen Privatschulen und die staatliche Bezuschussung kirchlicher Sozialeinrichtungen betroffen.
Der Düsseldorfer Innenminister Herbert Schnoor (SPD), zugleich Raus Stellvertreter, erklärte, wenn der Papst das Konkordat einseitig auflöse, „dann entfällt auch die Geschäftsgrundlage in anderen Fragen“. Der Vatikan könne das Konkordat nicht so auslegen, „wie es ihm gerade paßt“. Mit Blick auf die Beschäftigten in den katholischen Privatschulen und Sozialeinrichtungen sagte Schnoor, der Papst gefährde „die Rechte derjenigen, die ihm eigentlich anvertraut sind“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Karl Lehmann (Mainz), der während einer Reise nach Kuba zu einem Blitzgespräch nach Rom zitiert worden war, verkündigte am Dienstag, daß der Papst trotz aller Widerstände an der Berufung Meisners festhalten werde. Der Heilige Vater wolle an die Spitze des weltweit größten und reichsten Erzbistums einen Mann stellen, „der Erfahrung hat mit sozialistischen Ländern, mit der Auseinandersetzung mit dem Atheismus“, sagte Lehmann. Allein diese Begründung löste unter den als weltoffen und liberal geltenden Kölner Katholiken Empörung und Entsetzen aus.
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